Selbst Renter entspricht den Renterschen Ansprüchen aber nicht immer. An der Hochschule für Polizei (HfP), sagt er, sei er von Studierenden auf den Fall Renner angesprochen worden. Er wollte in seiner Eigenschaft als Dozent den Blick der künftigen Führungskräfte auf ihre Pflichten in Disziplinarverfahren richten mit dem Tenor: Was wäre gewesen, wenn der IdP und seine Begleitung eigentlich einen schönen Abend verbracht haben. Und ganz grundsätzlich darauf, dass es "eng wird", wenn jede Anmache mit einem Entfernen aus dem Dienst beantwortet werde. Beides sei "aus heutiger Sicht ein schlechter Text gewesen", bekennt er vor dem Ausschuss einen Fehler, den er nicht wiederholen werde. Und seine HfP-Tätigkeit ist ohnehin beendet.
Auch der zweite Zeuge des Tages, der ehemalige Ulmer Polizeipräsident Bernhard Weber, macht deutlich, dass Achtsamkeit im Amtsalltag keinen Stammplatz hat. Selbst ein Kollege mit Weinkrampf in einem Telefongespräch über seine "weitere Verwendung" löst keine empathischen Reflexe bei Weber aus und weckt nicht dessen Interesse, mehr über die Hintergründe zu erfahren. Das sei auch nicht notwendig gewesen, beharrt er auf Nachfrage. Vom "schwachen Bild von Führung und Fürsorge" spricht Hildenbrand in der inzwischen obligatorischen Pressekonferenz nach den Vernehmungen.
Renners Kumpel lenkt den Verdacht auf die Chefin
Es ist aber nicht nur ein Sitzungstag der Selbstbespiegelung und des Rückblicks – vor allem Trautmann liefert auch Steilvorlagen für die weitere Arbeit. Renners langjähriger Kollege, der bis heute Kontakt zu ihm hält, spricht heikle Fragen an, die nach seiner Ansicht an Landespolizeipräsidentin Stefanie Hinz gestellt werden müssten, wenn sie demnächst erneut in den Zeugenstand muss: Beschlagnahmt worden seien nach dem Bekanntwerden der Vorwürfe wegen sexueller Belästigung Renners dienstliches Handy und sein Computer, nicht aber das private Handy. Letzteres ebenfalls einzuziehen sei "zwingend gewesen, da muss man kein großer Kriminalist sein". Nochmals bemühte er die klare Kloßbrühe. Das Vorgehen sei entweder "absolut amateurmäßig" oder es stecke Absicht dahinter.
Im Plenarsaal hängt mit einem Mal der Vorwurf in der Luft, Hinz habe Absicht walten lassen, um ihre eigene Kommunikation mit dem IdP zu verschleiern. Genauer will Trautmann nicht werden. Binder reagiert in seinem Resümee verärgert, vermutet den Ex-IdP höchstpersönlich hinter der Trautmannschen Aussage. "Wenn uns Renner was mitteilen will, dann soll er den Mumm haben und das selber machen", so der SPD-Fraktionsvize. Sie wolle nicht unterstellen, sagt FDP-Obfrau Julia Goll, dass Trautmann etwas habe ausrichten wollen, "aber wenn, dann ist das grundsätzlich schiefgegangen". Und auf der Besuchertribüne unter der Handvoll bei jeder Sitzung anwesender Zuschauer:innen mit Polizeivergangenheit wird sogar gemutmaßt, dass das ominöse Privathandy vielleicht gar nicht zerstört sein könnte und dementsprechend noch auszuwerten ist.
Es geht um die politische Dimension
Auf jeden Fall strebt der Ausschuss gerade nach den Auftritten vom Montag weiteren Höhepunkten zu. Renner wird im April konfrontiert werden mit den Erkenntnissen und Mutmaßungen. Und in der Folge werden, wie ohnehin geplant, auch Strobl und Hinz Stellung nehmen müssen. "Wir sind kein Untersuchungsausschuss zentral um Renner", steckt Goll, die frühere Staatsanwältin, den Rahmen ab, "wir halten kein Strafverfahren ab." Vielmehr stehe im Zentrum, neben der Beförderungs- und Besetzungspraxis: "die politische Dimension", der Umgang des Innenministeriums mit der Causa und wie es um Führung und Führungsstärke in Baden-Württemberg tatsächlich bestellt sei.
Trautmann hat, wie schon im zweiten Schlossgarten-Ausschuss, jedenfalls mehr als nur ein Detail zur Aufklärung beigetragen. Damals stützte er die These, dass Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) ein hartes Durchgreifen rund um die Baumfällarbeiten zur Einrichtung der Stuttgart-21-Baustelle gefordert hat. Mitten in den noch laufenden Diskussionen über den richtigen Einsatzzeitpunkt habe er sich "aktiv eingemischt und eigenhändig sichergestellt", heißt es 2016 im Abschlussbericht, dass "trotz der von der Polizei angemeldeten großen Bedenken der Einsatz am 30.9.2010 durchgeführt wurde". Diesmal wird es wieder um Verantwortung gehen. Nur zur Erinnerung: Der Innenminister will die Verantwortung, wie er gerne wiederholt, für das übernehmen, was in seinem Haus passiert.
1 Kommentar verfügbar
Kohler, Frieder
am 26.02.2025Der Herr Innenminister müßte nicht seine Worthülsen bei…