Natürlich hätten sich aus Sicht der CDU eine Reihe kritischer Fragen an Gall angeboten, etwa weil im Zuge der von ihm verantworteten Polizeireform in jedem Präsidium neue Präsidenten geschaffen wurden. Oder: Staab hätte den Ex-Innenminister mit seiner Niederlage 2014 vor Gericht konfrontieren können, als – damals einigermaßen blamabel – alle Führungsfunktionen neu ausgeschrieben werden mussten. Immerhin wäre so sichtbar geworden, dass die CDU irgendeinen Plan und irgendeine Strategie mit Galls Ladung verbindet. Noch immer stehen mehr als 30 Zeug:innen auf der Ausschuss-Liste. Viele Sitzungen dauern deutlich länger als geplant, etwa am vergangenen Montag wieder bis in den späten Abend, weil sich die Frage-Antwort-Unterhaltungen hinziehen und so manches Detail einfach ausführlicher erzählt gehört.
Zum Beispiel, wenn Stenger von Frau Renner berichtet, die selber im LKA beschäftigt ist. Kurz nach Bekanntwerden der Vorwürfe gegen ihren Mann sei sie telefonisch bei ihm, Stenger, vorstellig geworden und habe ein Treffen erbeten. Stenger war ohnehin in Sorge nach Bekanntwerden der Vorwürfe, nennt dafür das Vorhandensein der Dienstwaffen des Ehepaars als einen Grund. Er willigt ein, weil er der Beamtin "das Betreten der Dienststelle als schambelasteten Vorgang" ersparen wollte. Am Treffpunkt in Bad Cannstatt erscheint aber gar nicht Frau, sondern Herr Renner. Der gemeinsame Kaffee war schnell getrunken.
Bald muss ein schillernder Strippenzieher aussagen
Nach den beiden stundenlangen Vernehmungen von Strobl gleich am Beginn der Ausschussarbeit kommt es am nächsten Sitzungstag Mitte November zur womöglich bisher wichtigsten Nagelprobe für die CDU. Denn dann ist Siegfried Lorek (CDU) als Zeuge geladen. Der Polizeioberrat a.D., heute Staatssekretär im Justizministerium, wurde vielfach beschrieben als schillernder Strippenzieher. Für den Fall, dass CDU-Spitzenkandidatin Susanne Eisenmann nach der Landtagswahl 2021 Ministerpräsidentin geworden wäre, hatte er sich einiges ausgerechnet gehabt. Immer wieder war Lorek im Innenministerium aufgetaucht, bei informellen Runden von Spitzenbeamten oder sogar im LKA. Er gilt als bestens vernetzt, auch mit Landespolizeipräsidentin Stefanie Hinz, war ziemlich omnipräsent, als es darum ging, für Renners Karriere zu werben.
Es dürfte einer jener Ausschusstage im Stil früherer Zeiten werden, wenn also höchste Wachsamkeit gefragt ist zur Entlastung eines Regierungsmitglieds. Die Grünen werden sich wieder zurückhalten, hinter verschlossenen Türen eher auf der Seite der Opposition stehen, wenn um die Zulässigkeit unangenehmer Fragen gestritten wird. Und Staab wird sich wieder mühen und ziemlich alleine sein. Die Juristin und frühere Bürgermeisterin könnte sich mal mit dem heutigen Landtagsvizepräsidenten Wolfgang Reinhart unterhalten. Der war CDU-Obmann im berühmten Flow-Tex-Untersuchungsausschuss, der sich zwischen März 2002 und Oktober 2005 um einen legendär gewordenen Milliardenbetrug mit Bohrmaschinen drehte. Oft sah es damals nicht wirklich gut aus für die CDU bei der Aufarbeitung des damals größten Wirtschaftskrimis seit dem Zweiten Weltkrieg. Zurücktreten mussten aber zwei Regierungsmitglieder der FDP, mit Walter Döring sogar der stellvertretende Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg.
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