Angela Merkel hat gratuliert, Günther Oettinger und Jürgen Zieger. Das war vor sechs Jahren, als die "Eßlinger Zeitung" (EZ) 140 Jahre alt wurde. Alle haben gesagt, dass so ein Traditionsblatt unerlässlich sei für Pressevielfalt und Demokratie, und dass es die EZ sehr gut mache. Und Oettinger versäumte nicht, nochmals auf Otto Wolfgang Bechtle, bekannt unter dem Kürzel OWB, hinzuweisen. Der war der Verleger seit 1949, zugleich auch der Chefredakteur bis 1998, und für den EU-Kommissar einer der "profiliertesten Vertreter" der Vielfalt. Das stimmte insoweit, als der konservative Patriarch stets für die kleinen Zeitungen kämpfte, insbesondere aber für seine. Für die Vielfalt der Meinungen hat er weniger gestritten.
Die Amtszeiten der nachfolgenden Chefredakteure waren kürzer. Rainer Laubig kam von der "Stuttgarter Zeitung", stolperte über einen aus der "Zeit" abgekupferten Kommentar und wurde 2003 Tourismusmanager. Danach trat Markus Bleistein an, der zuvor in der Stuttgarter Staatskanzlei wirkte, als Erwin Teufels (CDU) Vizesprecher. Er stand bis März 2013 an der Spitze der Redaktion und musste krankheitsbedingt ausscheiden. Zum Frühjahr 2014 war ein neuer Mann gefunden: Alexander Marinos, vormals stellvertretender Chefredakteur beim "General-Anzeiger" in Bonn. Der 42-jährige Diplomjournalist sollte das Blatt "im Sinne der Leser weiter entwickeln", wie es in der Verlagsmitteilung hieß.
Marinos sollte Schwung in den angejahrten Laden bringen
Marinos mühte sich nach Kräften. Das Layout sollte aufgehübscht werden, regionale Themen wanderten verstärkt auf die Seite eins, bundesweit Interessantes wurde auf die Esslinger Ebene herunter gebrochen. Alles so weit okay, das lag im Trend der Zeitungen dieses Zuschnitts, die im Regionalen und Lokalen ihre Überlebenschance sehen. Auch der Plan, einen Newsdesk einzurichten, war nicht revolutionär, den sollte bereits der (inzwischen verstorbene) Vorgänger Bleistein installieren. Eine solche Sammelstelle hatten andere schon lange, nur die EZ werkelte weiter mit den klassischen Ressorts und ihren Leitern. Aus einem einfachen Grund: die Unterchefs hatten das schon immer so gemacht. Marinos aber, der Schwung in den angejahrten Laden bringen sollte, wollte keine Ressorts mehr, sondern acht Koordinatoren und 22 Schreiber. So viele sind es heute bei der "Eßlinger Zeitung", die stolz darauf ist, eine Vollredaktion zu haben. Vor sechs Jahren waren sie noch 40.
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Nadine Monsen
am 23.09.2014