Veit Feger, ein kleiner Mann, der ziemlich laut lachen kann, Antifaschist, Linker. Er hat die Nazigeschichte in Ehingen und drum herum aufgearbeitet und war gleichzeitig Verleger und Chefredakteur der "Ehinger Volkszeitung". Er sagt, er sei zwischen Setzkästen aufgewachsen, seine Zeitung seit 1834 mit kleiner Unterbrechung im Zweiten Weltkrieg in Familienbesitz. Feger wollte nicht verkaufen. Weil die Zeitung sein Leben war und weil er im Grunde ein sturer Kerl ist, der sich von keinem etwas sagen lässt. Deshalb machten die Leutkircher ihm das Leben schwer. Jeden Tag kamen Beschwerden: Seine Titel hätten die falsche Schrift, seien zu groß, zu lang, der oder jener Text sei ja grauenhaft, ein anderer noch schlimmer, sie haben Abmahnungen geschickt und irgendwann kam der damalige Regionalleiter des Schwäbischen Verlags in sein Büro, sagte, Feger, Sie müssen aufstehen, ich sitze jetzt an Ihrem Schreibtisch. Veit Feger hat ihn achtkantig rausgeworfen. Eine Machtdemonstration, sagt er und heute kann er sogar darüber lachen. Feger war der letzte Mohikaner. Auf der Seite der Schwäbisch Media ist er als "Meilenstein" angegeben. "Mit der Eingliederung des lokalen Tageszeitungsgeschäftes des Ehinger Lokalverlags beendet Schwäbisch Media in Leutkirch die Neustrukturierung der Lokalausgaben."
Nach der Übernahme der Kleinverlage begannen Geschäftsführer Kolb und sein Chefredakteur Umbach die Redaktionen auszudünnen. Wo früher teils preisgekrönte Schreiber saßen, saß plötzlich kaum noch einer mehr. Die "Schäbige" sollte eine optimierte Zeitung werden, glatter, freundlicher, eine Heimatzeitung, in der Querköpfe, die nicht zum schwarz-christlichen Verbreitungsgebiet passten, nichts zu suchen hatten. Einmal sagte ein Leutkircher zu Fegers Chefredakteur: "Ihre investigativen Geschichten brauchen wir nicht, wir müssen Geld verdienen."
Zwei wie Pest und Cholera
Über Udo Kolb sagen die einen, er sei ein bauernschlauer, freundlicher Mensch gewesen, wirtschaftlich höchst erfolgreich für den Verlag. Andere sagen, er sei ein unerträglich furchtbarer Kerl, ein Brutalo, der mit der Sense durchs Haus ging, ohne Rücksicht auf Verluste. Umbach ist heute Mediendirektor von Schwäbisch Media mit eigener Sendung auf Regio TV, "ein eigentlich umgänglicher Typ". Er sei früher wohl vor allem von oben drangsaliert worden. Sein Name ist jedenfalls in Oberschwaben Synonym für den Niedergang der "Schwäbischen Zeitung". Kolb und Umbach, zwei mit dem Ruf wie Pest und Cholera.
Es wird von "Gutsherrenart" gesprochen, in der unter den beiden Arbeitsverhältnisse beendet wurden. Vorn herum hätten sie kritischen und unabhängigen Journalismus gefordert, hintenrum die rausgeworfen, die ihn probiert haben. Die Rede war von einem "politischen Machtdreieck" Landrat, Chefredakteur und Fürst, Mitgesellschafter seit 1960.
Maria Georg Konstantin Ignatius Antonius Felix Augustinus Wunibald Kilian Bonifacius Georg von Waldburg-Zeil, Reichserbtruchsess und siebenter Fürst von Waldburg zu Zeil und Trauchburg. Milliardenschwer, Besitzer von 10 000 Hektar Wald, einem Flugplatz, mehren Spielcasinos und einer Reihe von Kurzentren. "Seine Durchlaucht wollen nicht nur Geschäfte machen, sondern auch Meinung bilden", schrieb die Industriegewerkschaft Druck 1964. Der "Spiegel" zitierte den Fürsten vier Jahre später: "Wir möchten dabei sein, wo Meinung gemacht wird, und wir möchten nicht, dass sie ganz ohne uns gemacht wird." Damals war er neben dem Schwäbischen auch am Allgäuer Zeitungsverlag beteiligt. Druckt man sich heute die fürstlichen Unternehmungen aus der Datenbank der Kommission zur Ermittlung von Pressekonzentration des Medien-Experten Horst Röper aus, ist sie vier Seiten lang.
Sein Blatt sei die "Bastion der christlich-konservativen Gesinnung Oberschwabens", sagte er mal zur Verabschiedung eines stellvertretenden Chefredakteurs, "in einer sturmumtosten Zeit oberflächlicher Neuerungssucht." Er ist Patronatsherr über etliche Kirchen, damit Partner der Diözese Rottenburg und Vertrauter von Bischof Walter Kasper, der lange Jahre im Vatikan saß. Einmal saß der Kirchenredakteur Joachim Rogosch bei seinem Bischoff im Auto und erzählte vertraulich von einer miesen Stimmung in der Redaktion. Kasper erzählte das dem Fürsten, und Rogosch samt Frau und fünf Kindern bekam drei Tage vor Weihnachten die Kündigung. Das war 1998. Damals fand Erwin Teufel, Ex-CDU-Ministerpräsident von Baden-Württemberg und einst Stammleser der "Schwäbischen Zeitung", das alles sei ein Trauerspiel.
Heimatzeitung des Ministerpräsidenten
Ein weiterer Fall gutsherrlicher Willkür war die Kündigung von Gunter Dahinten. Der Lokal- und Regionalchef in Biberach flog nach 34 Jahren raus. Mit ihm der Redakteur Roland Reck, der später das Magazin "Blix" aufgebaut hat, das dieses Jahr zehnjähriges Bestehen feiert. Reck hatte kritisch über den CDU-Landrat Peter Schneider berichtet und ihn mit dem Satz zitiert: "Ich lasse es nicht zu, dass in der Öffentlichkeit Politik gemacht wird." Reck hatte mitgeteilt, dass in Schneiders Landratsamt nur restriktiv Sozialhilfe bewilligt wurde und die Durchführungsbestimmungen des Landesjagdgesetzes nicht umgesetzt würden. Schneider war nicht nur Landrat, sondern auch Jäger. Das war zu viel für Chefredakteur Umbach und Geschäftsführer Kolb. Dahinten und Reck mussten entsorgt werden.
Kolleginnen und Kollegen in der Biberacher Redaktion schrieben in einer Stellungnahme: "Die atemberaubende Konsequenz, mit der die beiden entfernt wurden, schafft ein Klima der Angst: Wer könnte der Nächste sein? Ob wir in einem solchen Umfeld künftig zupackend, kritisch und fair arbeiten können – wir meinen, das taten wir bisher –, wird sich zeigen."
Das war 2002. Heute schreibt Ministerpräsident Winfried Kretschmann eine Lobhudelei auf den Verlag, zur Einweihung des neuen Hauses in Ravensburg hält er eine Rede, in der er betont, die "Schwäbische Zeitung" sei ihm eine "unerlässliche Informationsquelle". Dass da überhaupt ein Grüner zu Wort kommt, ist auch nicht immer so gewesen. Kretschmanns Parteifreund Siegfried Spangenberg, Kreisrat und Fraktionsvorsitzender im Landkreis Ravensburg, beklagt sich noch heute über die Zeitung. Die Grünen würden gerne verschwiegen, und wenn überhaupt ein Journalist zu den Kreistagssitzungen käme, dann ein unterbezahlter Freier, der keine Ahnung habe, um was es überhaupt gehe, sagt er.
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Wolf Goldschmitt
am 28.04.2016