Nichtsdestotrotz gehört es bei den Öffentlich-Rechtlichen zum Alltag, dass Geld und Sachleistungen von Unternehmen auch außerhalb der festen Werbezeiten fließen. So kommen Sportereignisse, Daily Soaps und Quizshows heute nicht mehr ohne Sponsoren aus, die für Werbespots und Logo-Platzierung bezahlen oder Gewinnspiel-Preise stellen. Ob bei Verbrauchermagazinen auch die Testkandidaten in die Kasse greifen, bleibt eine Gretchenfrage. "Ich habe den Eindruck, dass Sendeplätze gekauft werden", sagt Medienwissenschaftlerin Bleicher. Denkbar sei auch, dass Testauftritte mit Werbespotschaltungen kombiniert würden. ZDF-Redaktionsleiter Deick widerspricht auch hier vehement: "Es floss kein Geld von den Unternehmen."
Auftritte in Vergleichstests sind unbezahlbar
Tatsächlich gehören nahezu alle Testkandidaten zu den treuesten Werbekunden der Sender. Und die teuren TV-Spots sind für die Anstalten eine lukrative Einnahmequelle. Für eine Unterbrecher-Splitscreen um 19.49 Uhr, ausgestrahlt am Übergang vom Serienfilm zur anschließenden Werbeunterbrechung, verlangte das ZDF im Mai 1224 Euro – pro Sekunde. Noch kostspieliger ist die "Best Minute" der ARD, die derzeit vom ehemaligen Testkandidaten "Bauhaus" belegt wird: Für einen Spot direkt vor der "Tagesschau" sind bis zu 2663 Euro pro Sekunde fällig. Wollte ein Unternehmen eine 45-minütige Testsendung zur Primetime buchen, müsste es den Mainzelmännchen rein theoretisch rund 3,3 Millionen Euro hinblättern. Im Ersten würde der lukrative Sendeplatz bis zu 7,2 Millionen Euro kosten. Tatsächlich verursacht ein Auftritt in Ratgeberformaten dem getesteten Unternehmen kaum Kosten: in der Regel fallen sie nur für eigenes Personal an, das die Drehs in Filialen oder Betrieben koordiniert. Somit bringt die Verknüpfung von Werbung und Verbraucherinformation für alle Beteiligten eine Win-win-Situation.
Dabei sind Produkt- oder Warentests im Fernsehen nichts Neues, auch nicht bei den Öffentlich-Rechtlichen, erwähnt Medienexpertin Bleicher. Doch während Kaffeesorten oder Blumendünger früher fast ausschließlich in Magazinen und Ratgeberserien in zuschauerschwachen Zeiten unter Tage ausgestrahlt wurden, präsentieren die Sender Marken- und Produkttests zuletzt immer häufiger auch zur Primetime. "Es ist erkennbar, mit derartigen Ratgebersendungen Quote machen zu wollen", so die Medienwissenschaftlerin Bleicher. Die Chancen dafür sind nicht schlecht. "Die Themen treffen schließlich Verbraucherinteressen", sagt die Expertin. So hat neben dem Zweiten auch die ARD Anfang 2012 ein derartiges Format auf dem besten Sendeplatz etabliert. Anders als die Mainzelmännchen untersucht das Erste in seiner Reihe "Marken-Check" meist nur ein Unternehmen und dessen Produkte. Mitunter nahmen beide öffentlich-rechtlichen Sender schon die gleichen Discounter, Modelabels und Baumärkte unter die Lupe.
Vermarktungsprofis entzückt dies grundsätzlich. "Die Werbewirtschaft braucht die Massenmedien und Meinungsbildner", sagt Professor Franco Rota, der an der Stuttgarter Hochschule der Medien (HdM) Werbung und Marktkommunikation sowie Public Relations lehrt. Denn je häufiger Name und Logo eines Unternehmens in den Medien präsent sind, desto besser ist es aus Marketingsicht. "Jede Produktplatzierung im redaktionellen Teil einer TV-Sendung oder Zeitung ist ein Erfolg für Werber und PR-Leute", und Rota betont damit, wie wertvoll die Verbreitung auf diesem Weg ist. Erst recht feiern Agenturen, wenn Produkt oder Marke in Ratgebermagazinen positiv abschneiden oder aus Vergleichstests als Sieger hervorgehen. "So etwas verbessert natürlich gewaltig das Image", verdeutlicht Rota. Dabei ist der ideele Wert meist sehr hoch. "Ein redaktioneller Test besitzt eine höhere Glaubwürdigkeit als Zeitungsanzeigen oder TV-Spots", verdeutlicht Rota.
18 Kommentare verfügbar
hiro
am 16.06.2014Unter anderem wurde Laminat bei unsachgemäßer Verwendung verglichen. Überraschend hat die Kette gewonnen, bei der die Tester mal eben doppelt soviel…