Diesmal ist es nicht Kirchheim in Thüringen, wie sonst, sondern Eschenlohe bei Garmisch. Im idyllischen Alpenvorland. Vom 30. August bis 1. September sind sie hier, die freien Publizisten, und tagen zum Thema "30 Jahre Mauerfall – Aufstand der Völker gegen Brüssel?" Der Ort im Süden ist gewählt, um vor allem Teilnehmern aus Süddeutschland und Österreich einen allzu langen Anfahrtsweg zu ersparen, wie die GfP erläutert. Offiziell gibt sie die Konferenz in der Gaststätte "Im Alten Wirt" nicht bekannt.
Der 1960 von ehemaligen SS-Offizieren und NSDAP-Funktionären gegründeten Gesellschaft mit Sitz in München gehören rund 500 extrem rechte Publizisten, Redakteure, Buchhändler und Verleger an. Die GfP versteht sich als "Gegengewicht zu den sog. Mainstream-Medien". Im Mittelpunkt der Aktivitäten der geschichtsrevisionistisch ausgerichteten Organisation stehen die Relativierung der Kriegsschuld, die "Ausländerfrage" und die Meinungsfreiheit für die "nationale Publizistik". Mit "Aufklärungsarbeit" soll die ihrer Ansicht nach verzerrte Darstellung der Zeitgeschichte korrigiert werden. Auf GfP-Kongressen wurde das politische System Deutschlands als "Demokratielüge" diffamiert, die Demokratie als "Kulisse der Fremdbestimmung und Machtausübung seit 1789" verunglimpft und gegen die "Umerziehung" agitiert.
Die einschlägigen Adressen: Kopp und Grabert
Die Diktion in der Einladung zum Kongress fällt entsprechend aus. Nach der "Euphorie des Herbstes 1989" setze Ernüchterung ein, tut die GfP kund. Denn das "Überstülpen der BRD-Verhältnisse" bedeutete schließlich die "gemeinsame Fahrt im deutschen Zug nach Brüssel und damit in die Unmündigkeit. Es folgten die Aufgabe der D-Mark und diverse EU-Verträge, welche die Souveränität der EU-Mitgliedsstaaten schrittweise einschränkten." Dennoch zeigt sich der rechtsextreme Kreis hoffnungsvoll gestimmt, da sich "in immer mehr Staaten (...) Widerstand dagegen" regt. Demnach zeigten die EU-Wahlen, "dass viele Bürger ein anderes Europa wünschen, als es die Brüsseler Bonzokraten wollen, nämlich das der Völker und Vaterländer."
Die Rednerliste folgt dem Programm: der Verleger Gert Sudholt (76), der Buchautor Peter Orzechowski (67), der Politiker André Poggenburg (44), der Rechtsanwalt Martin Kohlmann (42) sowie der Buchautor Dirk Bavendamm (81). Den bei jedem Kongress verliehenen "Huttenpreis" erhält der österreichische Publizist Fred Duswald (85).
Sudholt hat eine einschlägige Biographie. Der Verleger (u.a. Druffel-Verlag, Inning/Bayern) ist mehrfach wegen Volksverhetzung vorbestraft und knasterfahren. Er war viele Jahre GfP-Vorsitzender, Ziehsohn von Helmut Sündermann, vormals stellvertretender Reichspressechef der Nazis.
Orzechowski referiert über "Deutschland unter alliierter Besatzung – Warum wir 2019 noch immer nicht souverän sein dürfen". Der Autor des verschwörungstheoretisch ausgerichteten Kopp Verlags (Rottenburg am Neckar) greift auch für die geschichtsrevisionistische Schrift "Deutsche Geschichte" aus dem Sudholt-Verlagsimperium zur Feder.
Poggenburg berichtet über "Die innere Einheit Deutschlands 30 Jahre nach dem Mauerfall". Der Redner zog 2016 als sachsen-anhaltinischer Landesvorsitzender der AfD für seine Partei in das Parlament ein, wo er auch den Posten des Fraktionsvorsitzenden übernahm. Zu Beginn des Jahres 2019 trat er aus der AfD aus und gründete die Kleinstpartei "Aufbruch deutscher Patrioten – Mitteldeutschland" (ADPM), die er zwischenzeitlich ebenso verlassen hat.
"Pro Chemnitz" ist ebenfalls vertreten
Der inzwischen berühmteste Vortragende ist Martin Kohlmann, welcher der Frage nachgeht: "Gibt es 30 Jahre nach dem Mauerfall eine neue revolutionäre Stimmung?" Der Szene-Rechtsanwalt sitzt in Chemnitz für die sogenannte Bürgerbewegung "Pro Chemnitz" im Stadtrat, der auch Kontakte zu militanten Nazis nachgesagt werden. Bei den rechtsextremen Protesten 2018 machte sich Kohlmann "für eine Abspaltung Sachsens von der Bundesrepublik stark", so die Zeitschrift "Compact", "das Magazin für Souveränität". Kohlmann war einst sächsischer Landesvorsitzender der Republikaner und organisierte ein Konzert mit dem NPD-Liedermacher Frank Rennicke.
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era
am 31.08.2019