Er war immer einfältig, dieser berühmte neoliberale Merkspruch, wonach auf Schuldenbergen Kinder nicht spielen können. Denn wieso sollten nächste Generationen nicht mitbeteiligt werden an Aufgaben wie der Sanierung von Gewässern zum Beispiel oder an der Mobilitätswende, ganz zu schweigen von der "Menschheitsfrage" (Winfried Kretschmann) Klimawandel.
Jetzt allerdings führt ihn die Lage auf den Finanzmärkten gänzlich ad absurdum: Würde sich Baden-Württemberg beispielsweise auf zehn Jahre neu verschulden, um Geld in die Digitalisierung, die Bildung oder den Wohnungsbau zu stecken, würden die Kreditgeber am Ende der Laufzeit sogar noch 0,6 Prozent drauflegen. So verrückt kann die Welt sein, dass eine Regierung sich Geld leiht und dank des Negativzinses mehr herausbekommt als die Kreditsumme. "Nächste Generationen", erläutert Michael Hüther, Präsident des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), im Blick auf ein forciertes sinnvolles Geldausgeben des Staates, "würden gar nicht mehr belastet, sondern im Gegenteil."
Deutschlands Knauserkurs macht Probleme
Im Frühjahr hat der promovierte Volkswirt ein Papier vorgelegt, in dem er sich gegen die Beibehaltung der Schuldenbremse "in ihrer jetzigen Form" ausspricht. Und weiter: Es gebe keinen Grund, "die gegenwärtige Generation zu benachteiligen und die künftigen Handlungsspielräume nicht zu erschließen", zumal dies "umso fataler wäre, da ja über die demografische Alterung sowohl berechtigte Beschwerden über die Vorgänger als auch berechtigte Erwartungen der Nachfahren zu beachten sind." Oder anders auf den Punkt gebracht, wie auf einem Plakat der Stuttgarter Fridays-for-Future-Kids: "Warum für die Zukunft sparen, wenn wir keine haben?"
Seit Monaten und rund um den zehnten Jahrestag ihrer Grundgesetzverankerung tobt unter Fachleuten die Debatte über die Schuldenbremse. Tweets rauschen hin und her, Wirtschaftsverbände organisieren Foren und Streitgespräche, sogar die "Financial Times" hat die Probleme erörtert, die Deutschland sich und anderen macht mit seinem notorischen Knauserkurs. Hartnäckige AnhängerInnen der Nettonull geraten ins Schwanken, weil ihre Argumente zerbröseln. Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), im O-Ton: "Gut investierte Schulden können eine Entlastung in der Zukunft sein."
7 Kommentare verfügbar
Marla M.
am 08.09.2019Die vielen Anzüge machen das Versagen des Mannes auch nicht wett!
Leute,
-…