Angesichts der anhaltend niedrigend Zinsen tragen Grüne und CDU im kommenden Jahr mit den Überschüssen nicht den auf 47 Milliarden Euro angewachsenen Schuldenberg des Landes ab, sondern lenken die Gelder in andere Kanäle. Abseits der offiziellen Zahlenkolonnen, die den Haushalt des Landes charakterisieren, werden Mittel angesammelt, um später auch abseits des Haushalts handlungsfähig zu sein. Die Koalition will sich auf diese Weise Investionsspielräume eröffnen, die es ab 2020, wenn die Schuldenbremse endgültig greift und keine neuen Kredite mehr aufgenommen werden dürfen, sonst nicht gibt.
Das ist vernünftig. Allerdings hätte Sitzmann das damals, als sie noch aus der Opposition heraus als eine der ersten den Begriff Schuldenbremse in die finanzpolitische Debatte im Südwesten einführte, mit Sicherheit gegeißelt. Es gibt viele Belege aus früheren Jahren dafür, wie die gebürtige Regensburgerin Glaubwürdigkeit anmahnt, Schattenhaushalte kategorisch ablehnt und Fondlösungen zerpflückt. Jetzt wird sogar die Landeshaushaltsordnung "aufgeweicht", wie der Ministerpräsident so schön sagt, um eben solche Fondlösungen zu ermöglichen.
Kretschmann und Sitzmann haben dafür eine Umdeutung des Schuldenbegriffs durchgesetzt. "Die Verpflichtung zum Abbau von Schulden kann demnach durch den Abbau der impliziten Verschuldung erfüllt werden", erläutern Experten im erstmals in der Geschichte des Landes grünen und von einer Frau geführten Finanzministerium. Es gelte "nicht allein, die Kreditmarktschulden im Blick zu haben und – soweit das möglich ist – auch abzubauen". Es gehe eben um einen erheblichen Sanierungsstau. "Jeder Aufschub von dringend notwendigen Sanierungsarbeiten erhöht die Schuldenlast", heißt die neue Losung.
Der Schuldenbegriff wird umgedeutet
Da hat die Regierung sogar SPD-Chefin Leni Breymaier auf ihrer Seite. Die Gewerkschafterin warnt als Gegnerin der Schuldenbremse seit Jahren vor einer verfehlten Etatpolitik, obwohl oder weil ihre Partei mit Nils Schmid den Finanzminister stellte: "Wir haben nichts gewonnen, wenn wir der nachfolgenden Generation marode Schulen, Straßen und Kliniken hinterlassen." Die Null dürfe "nicht die entscheidende Messlatte sein, schon gar nicht, wenn sie durch Kürzungen bei Investitionen erkauft ist".
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Pierre C.
am 18.12.2016