Anlass für Pfeiffers Zorn sind die DUH-Anträge auf Zwangshaft für Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne), dessen Vize Thomas Strobl (CDU) und den Stuttgarter Regierungspräsidenten Wolfgang Reimer (Grüne). Natürlich weiß auch Pfeiffer, dass ein rechtskräftiges Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zu Fahrverboten für Euro-5-Diesel in Stuttgart nicht umgesetzt ist und dass alle milderen Maßnahmen wie die Verhängung von Zwangsgeld bisher ins Leere liefen. Und er weiß auch, dass die DUH höchstrichterlich als Verbraucherschutzverband vom Bundesgerichtshof anerkannt worden ist und sich ihre Gemeinnützigkeit auf die unstrittig als förderungswürdig anerkannten Belange des Umweltschutzes stützt.
Gegen Söder läuft der Zwangshaftantrag seit 2018
Dabei ist das DUH-Vorgehen weder singulär noch trivial. Denn gegen Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) ist ein Antrag auf Zwangshaft bereits seit Ende 2018 anhängig. Das Bayerische Verfassungsgericht ist von diesem Schritt offenbar so sehr in Verlegenheit gestürzt worden, dass es den Europäischen Gerichtshof um Klärung gebeten hat. Denn während das Bundesverfassungsgericht klargestellt hat, dass eine Inhaftierung des Regierungschefs nicht zulässig ist, um Dieselfahrverbote durchzusetzen, könnte das höherrangige europäische Recht eine solche Möglichkeit durchaus eröffnen. Immerhin trieben es die Nachbarn besonders bunt: Seit 2014 ist die Staatsregierung verpflichtet, ein rechtskräftiges Urteil zur Luftreinhaltung in der Landeshauptstadt München umzusetzen und Diesel-Fahrverbote in den Luftreinhalteplan aufzunehmen. Geschehen ist nichts.
Ein Satz, der für Stuttgart gleichermaßen gilt. Wirkungsvolle und vor allem abgestimmte Pläne gab’s auch hier allzu lange keine. Schon 2005 hat die damalige Umweltministerin Tanja Gönner (CDU) laut über Fahrverbote zur Luftreinhaltung nachgedacht und vor Aktionismus gewarnt, um zugleich ein "verlässliches Gesamtkonzept" in Aussicht zu stellen. Ein Jahr später erläuterte sie, dass "selbst mit einem Bündel von Maßnahmen eine kurzfristige und spürbare Verbesserung der Luftqualität nicht zu erreichen ist". Deshalb setze sich das Land bei der EU "für ambitionierte, europaweit gültige quellenbezogene Reduktionsmaßnahmen bei allen relevanten Quellgruppen wie dem Verkehr" ein.
Spätestens seit die schärferen EU-Grenzwerte dann Schritt um Schritt in Kraft traten, hat die Autoindustrie bekanntlich betrogen und gelogen, was das Zeug hielt. Auch nachdem 2015 der Dieselskandal aufgeflogen war, besaß sie speziell in CDU- und FDP-Verkehrsfachleuten trotzdem immer weiter treue FürsprecherInnen. Jetzt laufen in wenigen Tagen jene Hardware-Nachrüstungen an, die Grüne, allen voran der Ministerpräsident Kretschmann und der Verkehrsminister Hermann, seit Frühjahr 2017 fordern und für vielversprechend hielten. Hätten die beiden Regierungsparteien gemeinsam und einträchtig Druck auf die Autohersteller gemacht, würde wohl niemand mehr von Euro-5-Fahrverboten reden.
Immer neue Ausreden in der CDU
Stattdessen gab es in der Union nur Zögern und Zaudern, immer neue Vorwände und Ausreden über Ausreden. Besonders hervorgetan hat sich CDU-Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut, zum Beispiel als sie im Frühjahr 2018 zu der von Managern geleiteten Erkenntnis gelangte, Hardware-Nachrüstungen seien der falsche Weg, weil sie zu lange dauerten. Dem heutigen Daimler-Chef Ola Källenius ließen Landes- wie Bundespolitiker Sätze wie diesen durchgehen: "Der technische und wirtschaftliche Aufwand zur Hardware-Nachrüstung von Euro-5-Fahrzeugen wäre unverhältnismäßig hoch." Ein Jahr darauf liegt die Zulassung durch das Kraftfahrtbundesamt vor, und der Konzern stellt pro Fahrzeug 3000 Euro zur Mitfinanzierung in Aussicht.
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hans drager
am 20.08.2019