Nach der Aufdeckung der Manipulationen bei VW in den USA im September 2015 und dem Versuch, dies als alleinige Verfehlung von Volkswagen darzustellen, hatte die DUH entschieden, mit eigenen Untersuchungen an der schweizerischen Abgasprüfstelle in Bern/Biel nachzuweisen, dass wir kein VW-, sondern ein alle Hersteller gleichermaßen betreffendes Dieselproblem haben. Opel, GM, Renault, Nissan, BMW, Fiat und Mercedes wurden des Abgasbetruges überführt und Verkehrsminister Alexander Dobrindt gezwungen, das Untersuchungsprogramm auf alle Hersteller von Dieselfahrzeugen auszudehnen.
Eine besonders unrühmliche Rolle spielt dabei ausgerechnet die Daimler AG, der wir Anfang Februar dieses Jahres als erstem deutschen Fahrzeughersteller die Verwendung einer rechtswidrigen Abschalteinrichtung nachweisen konnten. Obwohl sie uns – wie kein anderer Autobauer – mit angedrohten rechtlichen Schritten und einer zwischenzeitlich vom Berliner Landgericht wieder aufgehobenen einstweiligen Verfügungen ganz massiv in unserer Aufklärungsarbeit behinderte und auch weiterhin rechtlich gegen uns vorgeht. Die nächste Entscheidung fällt am 8. Dezember vor dem Landgericht Hamburg.
Durch weitere Messungen der DUH in der Schweiz sowie im Rahmen unseres Emissions-Kontroll-Institutes sowie durch Whistleblower aus der Industrie wissen wir heute, dass nahezu alle Diesel-Pkw unterhalb 17 bis 10 Grad Celsius Außentemperatur keine ordnungsgemäß funktionierende Abgasreinigung haben und zu Giftgasschleudern mutieren.
Deutschland hat eine Durchschnittstemperatur von rund 10 Grad Celsius. Eine Abschaltung bei 17 Grad, wie bei Porsche, Opel Renault und bestimmten Mercedes Diesel bedeutet faktisch, dass die Fahrzeuge zehn von zwölf Monate im Jahr illegal auf unseren Straßen fahren. Für Fahrzeuge, die unterhalb von plus 10 Grad Celsius abschalten, bedeutet dies sechs Monate – vor allem im Winter – hohe und höchste Schadstoffwerte durch aktivierte Abschalteinrichtung.
Wir werden in wenigen Tagen neue alarmierende Stickoxid-Messungen bei herbstlichen und winterlichen Temperaturen veröffentlichen. Soviel kann ich bereits verraten: Wir haben einen neuen negativen Spitzenreiter eines süddeutschen Autokonzerns – das schmutzigste jemals gemessene Dieselfahrzeug aus deutscher Produktion, das bei herbstlichen Temperaturen über 1000 mg NOx ausstößt. 13 mal mehr als erlaubt.
Die DUH wird sich mit allen ihr zur Verfügung stehenden Rechtsmitteln dafür einsetzen, dass solche Fahrzeuge ihre Zulassung verlieren, nicht weiter verkauft beziehungsweise zugelassen werden dürfen und Bestandsfahrzeuge Einfahrtverbote zumindest für die 80 von Dieselabgasen besonders leidenden Städte erhalten.
Ich fordere Herrn Zetsche und seine Vorstandskollegen der übrigen Autokonzerne dazu auf, alle ausgelieferten Euro 5 und Euro 6 Diesel-Fahrzeuge so nachzubessern, dass sie bei normaler Fahrweise und auch bei winterlichen Temperaturen die NOx-Grenzwerte und damit auch die rechtlichen Anforderungen einhalten.
Fahrverbote für Dieselfahrzeuge werden kommen
Zur Vorbereitung auf meine Rede habe ich mich mit erfahrenen Lungenfachärzten unterhalten. Der Leverkusener Pneumologe Norbert Mülleneisen berichtete, je näher seine Patienten an einer Straße wohnen, umso schlimmer seien die Symptome beziehungsweise Krankheitsverläufe. Alte Menschen und Kinder leiden besonders. Seine Patienten im dieselbelasteten Leverkusen müssen mehr als doppelt so häufig wie im NRW-Durchschnitt ins Krankenhaus.
Um die hohe Luftbelastung in den Städten zu mindern, klagt die Deutsche Umwelthilfe in 16 Städten auf wirksame Maßnahmen und insbesondere Diesel-Fahrverbote. Bisher haben wir alle Klagen gewonnen. Zuletzt hat das Verwaltungsgericht Düsseldorf unsere Rechtsauffassung bestätigt und unter Verweis auf Artikel 2 des Grundgesetzes – Schutz des Lebens und Recht auf körperliche Unversehrtheit – festgehalten, dass dieses höchste Schutzgut kein Abwägen zum Beispiel mit wirtschaftlichen Interessen erlaube. Das Gericht sieht Dieselfahrzeuge als Hauptverursacher und hält Fahrverbote ab 2018 für notwendig. Eine Blaue Plakette sei hierzu nicht erforderlich. Die bestehenden Gesetze und Verordnungen seien ausreichend, sofort Dieselfahrverbote umzusetzen.
Ich bin mehr als zuversichtlich, dass das Bundesverwaltungsgericht bereits im Sommer 2017 eine höchstrichterliche Bestätigung der Zulässigkeit von Dieselfahrverboten trifft und somit ab 2018 Diesel-Fahrverbote in allen Städten und Ballungsräumen mit Überschreitung der Luftreinhaltewerte eingeführt werden müssen.
Für mich stellt sich deshalb nicht so sehr die Frage, ob 2030 keine Verbrennungsmotoren mehr produziert werden, sondern wie wir bereits heute beginnen, die Menschen vor den Verbrennungsmotoren mit besonders giftigen Abgasen schützen. Nach unseren Messungen an 50 Diesel- und Benzin-Pkw sind die realen NOx-Emissionen eines Diesels 30 Mal höher als die eines Benziners.
Wir müssen den Bürgern, aber auch den Handwerkern und Lieferverkehren helfen, bereits 2017 vom Diesel, wenn nicht auf Elektro-, dann doch zumindest auf saubere und gleichzeitig CO2-effiziente Antriebe umzusteigen. Für die Zeit vor 2030 benötigen wir klare politische Vorgaben und ein vorzeitiges Dieselverbot, um saubere und klimaverträgliche Alternativen auf die Straße zu bringen. In Frage kommen Elektro-, Erdgas- oder Benzinhybrid-Antriebe.
Ich bin mir sicher: Ein schnelles Ende des Diesels hilft nicht nur den Millionen unter den Abgasgift leidenden Bürgern. Das Ende des Diesels beflügelt saubere Antriebsarten – und damit ganz besonders die Elektromobilität.
22 Kommentare verfügbar
M. Stocker
am 29.11.2016Ich bin nicht der Meinung, dass man Herrn Zetsche nicht einladen darf. Nur das grünbürgerliche Eideidei das man mit Herrn Zetsche veranstaltet, ist grotesk daneben. Genauso wie Ihr Einwand, 'Realpolitiker statt Träumerei'. Sie schlachten mal kurz…