Im Zusammenhang mit der Aufarbeitung des SS-Massakers im toskanischen Dorf Sant'Anna di Stazzema, bei dem am 12. August 1944 etwa 560 Menschen ermordet wurden, ist man leider gewohnt, dass die Dinge unendlich lange dauern. Eine gefühlte Ewigkeit dauerte es, bis ins Jahr 2002, dass überhaupt von der Stuttgarter Staatsanwaltschaft Ermittlungen aufgenommen wurden. Und diese wurden dann, unter der Verantwortung von Oberstaatsanwalt Bernhard Häußler, auch noch so lange verschleppt, dass es kaum noch Überlebende gab und die Verbliebenen nicht mehr vernehmungsfähig, sprich, keine juristische Ahndung mehr möglich war. Es ist die Geschichte einer <link https: www.kontextwochenzeitung.de zeitgeschehen justizschande-3178.html internal-link-new-window>veritablen Justizschande, über die Kontext <link http: www.kontextwochenzeitung.de ueberm-kesselrand brutale-stille-873.html internal-link-new-window>von Beginn an vielfach und <link https: www.kontextwochenzeitung.de ueberm-kesselrand haeusslers-fehler-239.html internal-link-new-window>ausführlich berichtete.
Doch manchmal kann es zum Glück auch schnell gehen. Nur etwas mehr als ein Jahr ist es her, dass Staatsrätin Gisela Erler in Sant'Anna zu Besuch war. Bei der Einweihung des mit Hilfe von Landesmitteln restaurierten Kirchplatzes in dem Ort kündigte sie eine weitere Kooperation an. Der toskanischen Tageszeitung "Il Tirreno" war das eine Meldung wert, in einem Artikel vom 1. Februar 2016 ist zu lesen: "Staatsrätin Gisela Erler hat im Museum des Widerstandes tatsächlich die Absicht verkündet, Schülerbegegnungen zwischen ihrem Land und Sant'Anna di Stazzema zu finanzieren." Ein halbes Jahr zuvor war schon Kultusminister Andreas Stoch (SPD) in Sant'Anna gewesen und hatte erklärt, man sei in guten Gesprächen darüber, wie man solche Schülerfahrten organisieren und finanzieren könne.
Italienisch-deutsches Jugendcamp in Sant'Anna
Nun wird im August das erste Workcamp für Jugendliche und junge Erwachsene von 18 bis 27 Jahren stattfinden. Unter dem Titel "Friedensarbeit in Sant'Anna. Eine italienisch-deutsche Jugendbegegnungs- und Gedenkstättenfahrt" sollen die TeilnehmerInnen aus Deutschland und aus Italien neun Tage lang, unter anderem durch Gespräche mit Zeitzeugen, die Geschichte des Ortes erschließen und das Thema mit künstlerischen und multimedialen Mitteln bearbeiten. Es soll der Auftakt eines weiter gehenden Jugendbegegnungsprogramms sein, das gemeinsam vom Staatsministerium und den Anstiftern entwickelt wurde. Zur Hälfte trägt das Land die Finanzierung, für den Rest laufen noch Zuschussanträge.
So vollmundig Staatsrätin Erler das Programm im vergangenen Jahr in Sant'Anna angekündigt hat, die Landesregierung musste erst zum Jagen getragen werden. Am Anfang stand nämlich der Protest, als die Stuttgarter Staatsanwaltschaft am 26. September 2012 die Ermittlungen gegen die mutmaßlichen Beteiligten des Massakers einstellte. Erste Aktionen waren eine Solidaritätserklärung mit Unterschriftenaktion und eine Spendensammlung. "Die Ergebnisse beider Aktionen wurden den Überlebenden und Opferangehörigen von Sant'Anna im Rahmen einer Protestfahrt im Dezember 2012 überbracht", so Eberhard Frasch, der die Sant'Anna-Gruppe der Anstifter koordiniert.
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