Wirtschaftsflüchtling, so würde man Gottlieb Mittelberger heutzutage nennen. Erstaunlich, dass sein Text so wenig bekannt ist, dass man ihn in keiner Debatte erwähnt. Ich selbst stieß zufällig auf einen kleinen Auszug aus dem Buch, in dem Mittelberger beschreibt, welch einen entbehrungsreichen und lebensgefährlichen Weg er und andere hinter sich bringen mussten. Mittelberger erzählt von den Tricks und kriminellen Machenschaften von Schleppern und "Menschenverkäufern", die Flüchtlinge betrügen, berauben und ins Unglück stoßen, von der katastrophalen Überfahrt auf dem überfüllten Schiff, bei der massenweise Flüchtlinge sterben, und von der Ankunft, bei der auf die Überlebenden im schlechtesten Fall der nächste Schock statt der ersehnten Freiheit wartet: Familien werden auseinandergerissen, und mit manchen Flüchtlingen wird ein regelrechter "Menschen-Handel" betrieben.
Gottlieb Mittelberger war dabei alles andere als allein: ganze Scharen schwäbischer und pfälzischer Mitbürger machten sich in der Zeit um das Jahr 1750 nach Amerika davon; einer Zeit, in der im Ankunftsland Pennsylvania durchaus mit Verve eine Debatte darüber geführt wurde, ob man die Zahl der Zureisenden nicht begrenzen beziehungsweise in andere Landesteile umlenken solle.
Erstmals stieß ich auf Auszüge aus Mittelbergers Werk in dem Band "Zwischen Hudson und Missisippi. Berichte deutscher Reisender des 18. und 19. Jahrhunderts" (Verlag der Nation 1987). Nun auf Mittelbergers Spur stieß ich auf eine zweite, viel reichhaltiger kommentierte und bebilderte Ausgabe des Textes ("Reise nach Pennsylvanien 1750", herausgegeben, eingeleitet und erläutert von Jürgen Charnitzky, 1997). Umso stärker meine Verwunderung, dass der Bericht so unbekannt ist – zeigt er doch bei aller manifesten historischen Verschiedenheit der konkreten Situationen augenfällig Stereotypen und Konstanten, mit denen sich wohl jeder Flüchtling in jeder historischen Situation konfrontiert sieht, und gibt die Grundmuster der Reaktionen vor, die in Ländern ausbrechen, wenn sie Ziel von Massenzuwanderungen sind.
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Peter Meisel
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