"Vor Ort weiß man mehr, als in Akten steht", so Pavel. Herausgegriffen würden "die rechtschaffenen Leute, die mitten in der Gesellschaft sind". Sein Landesvorsitzender, bekanntlich auch Merkel-Vize auf Bundesebene, kann dem Vorwurf des Parteifreunds nichts entgegensetzen: Das Innenministerium hat keinerlei Zahlen darüber, wie viele Straftäter oder allein reisende Männer, die nach den Vereinbarungen mit den Grünen vorrangig abgeschobenen werden sollen, in Baden-Württemberg leben. Und Strobl muss auch einräumen, dass der ganze Aufwand, mit dem Geflüchtete aus Afghanistan ausdrücklich abgeschreckt werden sollen, bisher wenig bis gar nichts bringt. Nach seinen Angaben sind im Jahr 2015 drei abgelehnte Asylbewerber nach Kabul abgeschoben worden, 2016 waren es neun und 2017 bislang sieben. Zu sogenannten freiwilligen Ausreise wurden 2015 ganze 21 Menschen gedrängt und 333 im Jahr 2016.
Grüne setzen sich durch – endlich einmal
Der jüngsten Abschiebepannen wegen waren die grün-schwarzen Verhandlungen im Koalitionsausschuss mit Spannung erwartet worden. Das Ergebnis ist ein klarer grüner Erfolg. Eine "sorgfältigere Einzelfallprüfung" wurde sogar im schriftlichen Beschluss festgehalten. Außerdem können künftig deutlich mehr Geflüchtete ein Bleiberecht bekommen dank einer entsprechenden Beratung – im Idealfall lange bevor überhaupt Abschiebehaft und Abschiebung drohen. Aus den Zahlen, die die Bundesregierung kürzlich im Bundestag vorlegte, geht hervor, dass in Deutschland rund 70 000 Menschen mit einem möglichen Aufenthaltsanspruch leben. Angewendet wurden die entsprechenden Paragraphen im Ausländerrecht bisher aber nur in rund 4000 Fällen. Die Flüchtlingsräte und Pro Asyl starteten eben erst eine Informationskampagne, um auf die "klaffende Schere zwischen potenziell Anspruchsberechtigten und tatsächlich erteilten Aufenthaltstiteln" hinzuweisen.
Strobl meint, die Regelungen wohl zu kennen. "Ich glaube, ich war selber daran beteiligt", sagt er bei der Regierungspressekonferenz, erstmals ganz auf sich allein gestellt, weil Ministerpräsident Winfried Kretschmann eine über Wochen verschleppte Grippe auszukurieren versucht. Zahlen kann der Innenminister allerdings keine nennen, nicht zu den Migranten aus Afghanistan, die straffällig geworden sind, nicht zu potenziellen Gefährdern, nicht einmal zu jenen, die aktuell prinzipiell abschiebepflichtig sind und zugleich unter die Bleiberechtsregeln fallen könnten. Grünen-Fraktionschef Andreas Schwarz ist in diesem Punkt weiter: 2252 Afghanen haben kein Asyl bekommen, 914 leben aber bereits so lange im Land, dass sie bleiben könnten.
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Friedrich Grimm
am 10.03.2017