Paukner hat drei Kinder, ist verheiratet, 61 Jahre alt, einer, der leidenschaftlich gerne reist, durch Bolivien, Peru, Mexiko. Er trägt Seidenhemd, hellblau zu Sakko und feiner Hose, ein drahtiger Mann mit guter Laune und einen Schlüsselbund, der viel zu groß und viel zu schwer ist für die Hosentasche am Hintern. Wenn er aufsteht, knallt er auf den Boden, manchmal hebt er ihn auf, manchmal lässt er ihn liegen. Dann zieht sich das geringelte Plastikband, das den Bund an einer Gürtellasche befestigt, in die Länge, wenn er hinter Paukner her schleift wie ein winziger Hund, dem alles zu schnell geht.
Die Einrichtung liegt am Ende einer Straße im Osten Pforzheims. Sie passt gut hierher, in diese hässliche Stadt mit der landesweit höchsten Arbeitslosenquote und den landesweit meisten AfD-Wählern. "Ja", sagt Paukner,und dann, wie sehr ihn das "ganze Getue um den Islam und um Muslime" nervt. "Ich kenne Muslime und das Problem, das die Leute mit ihnen haben. Aber es ist einfach keines." So mancher Ausländer sei zugänglicher als einige Deutsche.
Ein Gefängnis sei wie ein Dorf
Seit mehr als 25 Jahren ist Paukner Justizvollzugsbeamter, zuerst sieben Jahre in Bruchsal, dann 18 in Mannheim – Betrüger, Mörder, Vergewaltiger gehörten zu seinem Berufsalltag. Er sei "so reingerutscht" in diesen Beruf, sagt er. Heute kann er sich keinen anderen mehr vorstellen. Tatsächlich, Justizvollzugsbeamter ist sein Traumjob. "Kann man so sagen." Paukner strahlt.
Ein Gefängnis sei wie ein Dorf. Mit Wäscherei, psychologischem Dienst, Arzt, Restaurant, Kleiderkammer, Ausbildungsplätzen, Kino, Dorfbevölkerung. Das alles will organisiert und gemanagt sein und Paukner ist so etwas wie ein Bürgermeister für Bewohner, die ihr Dorf nicht verlassen können. Er gerät ins Schwärmen: Die Vielfalt, und Überraschung, die jede neue Woche bringt, das Unplanbare, das Unberechenbare, kein Tag ist wie der andere, jeder erfordere Kreativität. Pforzheim ist die Sahnehaube auf seiner Karriere. Dort muss er nicht nur die Tage kreativ gestalten, hier kann er eine ganz neue Haftform erfinden.
Ende März dieses Jahres wurde aus der Jugendstrafanstalt ein Abschiebegefängnis. Zuvor waren die "Ausreisepflichtigen", nicht bleibeberechtigte Flüchtlinge, die untertauchen könnten, bevor sie abgeschoben werden, im Mannheimer Gefängnis untergebracht. Der Europäische Gerichtshof entschied aber 2014, dass diese Menschen keine Verbrecher seien und eigene Haftanstalten für sie eingerichtet werden müssen. Die in der Rohrstraße in Pforzheims Osten gegen den Protest der Pforzheimer, allen voran des Bürgermeisters, der fürchtete, dass seine Anwohner belästigt würden durch den Lärm von Anti-Abschiebungs-Demos. Bisher fand noch keine dort statt.
8 Kommentare verfügbar
Michael Schenk
am 20.09.2016Sich darüber zu echauffieren, kann ich auch nachvollziehen.
Nicht…