Da ist einer seit gut sieben Monate Innenminister des Landes Baden-Württemberg. Was hätte er nicht alles anpacken können, um sich in Essen bei seiner anstehenden Wiederwahl als stellvertretender Vorsitzender der CDU ein respektables Ergebnis zu sichern. In den Koalitionsverhandlungen hatte er sich ja ein Sammelsurium-Ministerium zimmern lassen, für Inneres, für Digitalisierung und für Migration. Sein Haus kommt auf die beeindruckende Zahl von mehr als sechs Dutzend Zuständigkeiten, von der Kriminalitätsbekämpfung bis zur Donauraumstrategie. Vom Glücksspiel bis zum Breitbandausbau. Vom Ausländerrecht bis zum Umgang mit Spätaussiedlern und dem "Kulturerbe des Ostens". Als Profi, der seit seinem Eintritt in die Junge Union anno 1976 politische Erfahrungen sammelt und es immerhin ziemlich weit nach oben gebracht hat, hätte er eine Handvoll gewichtiger Projekte starten können, mit Resonanz bis über die Landesgrenzen hinaus.
Stattdessen ging der Jurist aus Heilbronn den leichten Weg und schrieb einen sechsseitigen Initiativantrag, der ihm in den eigenen Reihen Ärger und Kopfschütteln einbringt und auf den Internetseiten der AfD Jubelstürme auslöst. "Strobl bedient sich bei der AfD", heißt es prompt auch in einer Pressemitteilung der baden-württembergischen Landtagsfraktion. Auf Linie sei "der CDU-Mann, wenn es darum geht, die Sozialleistungen auf das 'unumgänglich Notwendige' [zu] beschränken". Ganz im Sinne des AfD-Programms wolle er "Flüchtlinge, die im Mittelmeer aus Seenot gerettet werden, umgehend in außereuropäische Rückführungszentren" bringen lassen. Zum Plagiatsvorwurf gesellt sich noch Hohn: Strobl wird zum Rücktritt aufgefordert, weil mit seinem Vorstoß "zugibt, dass geltendes Recht nicht vollzogen wird".
In dieses Dilemma hat sich der Schwiegersohn von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble selbst manövriert – und muss nun zusehen, ob er den Schaden repariert kriegt. Parteiintern gilt er nicht gerade als Schwergewicht, sondern als unumgänglicher Vertreter eines großen, früher mal auf Bundesebene einflussreichen CDU-Landesverbands, der bei Wahlen immer für überdurchschnittlich dicke Stimmenpakete gut war. Bis zur Landtagswahl im März mit mickrigen 27 Prozent. Winfried Kretschmanns Langmut war über Wochen kaum zu überbieten, wenn der Stellvertreter mal wieder aus Berlin gar nicht zurückkehren wollte. Wenn ihm zu Ohren kam, dass Ehrungen nicht stattfinden konnten, weil die Minister-Unterschrift fehlt. Wenn es auf der CDU-Seite des Kabinetts keinen Ansprechpartner gab oder Strobls eben erst ernannter Staatssekretär sich bei seinem ersten Auftreten im Landtag ganz ungeniert auf den Stuhl des gerade mal kurz abwesenden Regierungschefs setzte, während laufender Plenarsitzung. Hätte früher ein Roter oder Grüner sich sowas erlaubt, hätten die Schwarzen wahrscheinlich den Abbruch der Sitzung erzwungen.
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hp. blomeier
am 24.01.2017