Er werde sich wohl noch oft "an die glücklichen Tage mit den Sozialdemokraten" zurückerinnern, mutmaßte Winfried Kretschmann am vergangenen Montag beim 70. Geburtstag von Wolfgang Drexler. Schon die ersten Schritte hin zu seiner zweiten Regierung, diesmal mit der CDU, haben dem grünen Ministerpräsidenten mehrfach die Zornesröte ins Gesicht getrieben. Vier Mal haben sich die Unterhändler inzwischen getroffen, vier Mal blieb der inhaltliche Ertrag unter der Nachweisschwelle. Die Konsequenzen, die die Führung des einst so stolzen und machtverwöhnten Landesverbands daraus zog, sprechen Bände: Sie verlangte, dass jede Seite 63 Experten in neun Arbeitsgruppen aufteilt, die bis Mitte April alle Details der angestrebten Koalitionsvereinbarung abarbeiten müssen.
Dabei kennt Thomas Strobl, der Landesvorsitzende, die Gepflogenheiten aus eigenem Erleben. Er war einer von drei CDUlern, die neben Ministerpräsident Günther Oettinger – übrigens auf den Tag genau vor zehn Jahren – nach dem intensiven, aber folgenlosen Flirt mit den Grünen die Verhandlungen mit der FDP aufnahmen. Grüne und SPD trafen sich 2011 zu jeweils acht Vertretern. Trotz dem von Kretschmann im Überschwang der Gefühle geprägten Vergleich mit einer "Liebesheirat" hakte es auch damals oft. Richtig frostig sei es manchmal gewesen, wird er selber später berichten – "aber wir wussten, was wir wollten".
Genau das wissen Strobl und sein Tandempartner Guido Wolf nicht. Das liegt einerseits daran, dass die Konzepte der CDU vorrangig aus der Ablehnung grün-roter Ideen bestanden. Und andererseits am Personal. Wolf bescheinigen die Wahlsieger zumindest eine "gewisse Präzision" wenn er in die Rolle des Mahners und Bedenkenträgers schlüpft und auf die Hürden verweist, die bei den diversen kontroversen Sachthemen noch genommen werden müssten. Aber niemand in der Führung hat konkrete, realisier- und finanzierbare Pläne für das Land vorzuweisen. Oder eine Idee davon, wie Baden-Württemberg in Zeiten von Schuldenbremse, internationalen Klimaverpflichtungen, demografischem Wandel und Zuwanderung aussehen soll.
Nur wenige Abgeordnete kehren vor der eigenen Tür
Sofort nach der Wahl, erzählt ein Abgeordneter, sei es allein um Posten gegangen und darum, "wer was wird und wer nicht". Diskutiert werde sogar schon über die Spitzenkandidatur, ein Indiz dafür, dass das Neuwahlthema keineswegs vom Tisch sei. Ein anderer gibt dem früheren Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer recht mit seiner Warnung, die Südwest-CDU könnte sich verzwergen, wenn sie den Grünen als Juniorpartner die Steigbügel hält. Nur ganz wenige Abgeordnete kehren vor der eigenen Türe. Einer ätzt, er glaube nicht, dass auch nur fünf Mitglieder im Landesvorstand das Wahlprogramm der Grünen bisher genau gelesen und verstanden hätten. Das mache die ohnehin so schwierigen Gespräche mit den Grünen "fast unmöglich".
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Ralf Kiefer
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