In jedem dritten Ausbildungsbetrieb blieben Lehrstellen unbesetzt. Besonders betroffen sind laut DIHK die Branchen Hotellerie, Einzelhandel, Gastronomie, Lagerlogistik und KFZ-Mechatronik, die "händeringend Nachwuchs suchen". Gerade in diesen Bereichen, und in Handwerk, Bau, Reinigung sowie Industrie finden Flüchtlinge in Baden-Württemberg Arbeit. In den letzten Monaten sind hier 14 500 sozialversicherungspflichtig angestellt worden.
"Noch sind das vor allem Helfertätigkeiten", sagt Walter. Doch auch die Chancen für den Ausbildungsmarkt seien groß: "Flüchtlinge bieten hier ein großes Potenzial an hochmotivierten jungen Leuten." Was dem derzeit noch im Weg steht, sind vor allem fehlende Sprachkenntnisse: Nach einer Befragung der IHK Stuttgart ist für 93,5 Prozent der Betriebe besonders wichtig, dass die Auszubildenden mindestens deutsch auf B1-Niveau sprechen, also über fortgeschrittene Grundkenntnisse verfügen. Wie schnell Flüchtlinge so weit sind, hängt vom Einzelfall und den Vorerfahrungen ab. Im Schnitt kann es aber zwei bis drei Jahre dauern, schätzt die Arbeitsagentur.
Auch Omar hatte am Anfang Schwierigkeiten mit der Verständigung. "Mein erstes Praktikum ist in die Hose gegangen", erzählt er etwas schüchtern. Sein Ausbilder habe breites Schwäbisch gesprochen – und er kein Wort verstanden. Irgendwann habe dann überhaupt niemand mehr mit ihm geredet.
Am Schwäbeln soll's nicht scheitern
Auch bei Jusztusz & Nietsch wird geschwäbelt. Die geben sich aber mehr Mühe. Gleich am ersten Tag hat Hartmut Nietsch seinen Lehrling eingepackt, ist mit ihm zu einem Ausstatter für Berufskleidung gefahren und hat ihm eine komplette Erstausstattung Malerklamotten gekauft. Das macht er immer so, damit sich ein Neuer gleich als Teil der Mannschaft fühlt. "Die Jungen sind immer ganz stolz", sagt er. "Die strahlen dann richtig."
Nietsch nimmt Omar jedes Mal mit, wenn er zu Kunden geht, kündigt ihn an als Geflohenen, der ausgebildet wird. Der Malermeister macht Werbung für Integration, noch nie hatte er damit schlechte Erfahrungen. "Im Gegenteil", sagt er. "Die meisten sind wahnsinnig neugierig. Es ist erstaunlich, wie viele Leute noch nie etwas mit Flüchtlingen zu tun hatten. Die nutzen dann die Gelegenheit und fragen Omar aus." Omar lächelt, er erzählt auch gerne, beantwortet die vielen Fragen. Wo er herkommt, was in seiner Heimat passiert, wie es ihm in Deutschland geht. Die Resonanz seiner Kundschaft, sagt Nietsch: "Die finden das super." Bei Schwaben kommt es halt an, wenn einer was schafft.
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Andrea
am 11.12.2016