Enrico Pieri (78), der Überlebende des Massakers, sei erschüttert über diese erneute Niederlage, berichtet seine Anwältin Gabriele Heinecke. Zehn Jahre lang hatte Oberstaatsanwalt Bernhard Häußler gegen die damals noch lebenden SS-Schergen ermittelt, die beschuldigt wurden, für das Massaker im italienischen Sant'Anna di Stazzema verantwortlich zu sein. Im Herbst hatte Häußler dann das Verfahren eingestellt, weil keine individuelle Schuld nachweisbar sei.
Ganz anders sahen das die italienischen Richter 2005. Sie verurteilten zehn Männer des SS-Bataillons wegen Mordes zu einer lebenslangen Gefängnisstrafe. Seit 2008 ist das Urteil rechtskräftig. Ausgeliefert hat die Bundesregierung die Männer, gegen die ein europäischer Haftbefehl vorliegt, nicht. Bisher haben sich die zuständigen Behörden auch geweigert, die Strafe, wie von Italien beantragt, in Deutschland zu vollziehen. Die entsprechenden Verfahren laufen aber noch, da die deutschen Behörden immer wieder neue Informationen anfordern. Mittlerweile leben jedoch nur noch vier der in Italien verurteilten Täter. Von den einst 17 Männern, gegen die in Deutschland ermittelt wurde, leben noch fünf.
Jetzt hat Oberstaatsanwalt Peter Rörig für die Generalstaatsanwaltschaft die Einstellung des Verfahrens durch Bernhard Häußler für zulässig erklärt. Damit bleibt Enrico Pieri nur noch das Klageerzwingungsverfahren. Zuständig dafür wäre das Landgericht Karlsruhe, da der letzte noch lebende Beschuldigte in Baden wohnt.
Enttäuscht ist man bei der Sant'Anna-Initiative des Stuttgarter Bürgerprojekts Die Anstifter, berichtet Eberhard Frasch. Der Studiendirektor i. R. kann es nach der ausführlichen Expertise des Kölner Historikers Carlo Gentile, der Oberstaatsanwalt Häußler "schwere Fehler nachgewiesen hat", nicht nachvollziehen, dass die Generalstaatsanwaltschaft dies nicht berücksichtigt hat. In der Gruppe wird auch darüber diskutiert, warum die gleiche Stuttgarter Staatsanwaltschaft erst kürzlich Hans Lipschis, einen 93-jährigen ehemaligen Auschwitz-Aufseher, inhaftiert hat, gegen den es keine konkreten Tatvorwürfe gibt. Die Stuttgarter Behörde – zuständig ist im Fall Lipschis nicht Bernhard Häußler – hatte nicht lange gefackelt und einen Haftbefehl erwirkt. Was bei Lipschis in wenigen Monaten möglich war, dauerte beim Verfahren gegen die Sant'Anna-Beschuldigten zehn Jahre.
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Martin
am 23.05.2013