Unser Schriftsteller Volker Braun hat in seinen "Werktagen 1989 bis 2008" ein Zeitungsbild kopiert, dass lange Menschenschlangen in Südafrika zeigt, als die Schwarzen das erste Mal in ihrem Leben zu einer Wahl gehen durften und ihre eigene Regierung wählten. Nelson Mandela hat keinen Krieg gegen die Weißen begonnen, obwohl das, was ihm und so vielen seiner schwarzen Brüder und Schwestern angetan wurde, sehr leicht in ein Massaker an den Weißen hätte münden können.
Worte sind kostbar, wenn sie mit Wahrhaftigkeit gepaart sind. Das Wort und der Wille zum Frieden war und ist stärker als jede Waffe — auf lange Sicht! "Der Mensch ist immer so schlecht, wie man ihn sein lässt." Das sollte uns Ansporn sein bei unserem Literaten-Treffen: "Aufs Äußerste Europa."
Wer also glaubt, dass Präsident Poroschenko ein Brückenbauer für die Mündigkeit aller Bürger in der Ukraine sei, der irrt. Oligarchen, gleichviel wo sie leben – in West, Ost, China, Russland, in der westlichen Welt –, sie haben nur eines im Sinn, die Sozialsysteme der Arbeitenden ihrer Profitlage anzupassen. Demokratie ist ihnen fremd. Der ukrainische Schriftsteller Serhij Zhadan schrieb dieser Tage: "Später wird es einmal Krieg heißen", über das, was wir alle mit unserer Sprachlosigkeit in der Ukraine und damit in Europa zulassen.
Nehmen wir behutsam unsere Worte und bauen Brücken!
Wenn wir in Europa, dem Teil, in dem wir als heute "Europäische Union" ein Stück mehr Freiheit und Demokratie haben, als Lohndiktat und Bankenrettungen, wenn wir ein bisschen mehr Bildung als nötig haben, dann liegt das an unseren Revolutionen und unserem täglichen Kampf heute, um Brot und Geist und Demokratie.
Wir streiken, streiten und kämpfen täglich dafür und haben dennoch noch keine ideale Demokratie. Aber sie ist die bisher Brauchbarste — und dennoch bedarf sie weiter unserer täglichen Arbeit — auch mit dem Wort.
1990, nach dem Fall der Berliner Mauer, schrieb Volker Braun in dem Gedicht "Das Eigentum" als einer, der sich bittere Vorwürfe machte: "Da bin ich noch, mein Land geht in den Westen. Krieg den Hütten, Friede den Palästen ... Ich selber habe ihm den Tritt versetzt. Es wirft sich weg und seine magre Zierde. Dem Winter folgt der Sommer der Begierde. Und ich kann bleiben, wo der Pfeffer wächst. Und unverständlich wird mein ganzer Text. Was ich niemals besaß, wird mir entrissen. Was ich nicht lebte, werd ich ewig missen. Die Hoffnung lag im Weg wie eine Falle. Mein Eigentum, jetzt habt ihr's auf der Kralle. Wann sag ich wieder mein – und meine alle?" Diese Verse bringen es auf den Punkt. Die Widersprüche sind es, die uns voranbringen. Es gibt keine skandalösen Fragen, sondern nur skandalöse Zustände!
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