Rechtzeitig zum Schwarzen Donnerstag gibt es von der Börse wieder freundliche Nachrichten. Der Abwärtstrend des Dax ist gestoppt, wir haben alles im Griff. Am Black Thursday allerdings, einem sonnigen 24. Oktober im Jahre des Herrn 1929, vor exakt 85 Jahren, fand der erfolgreichste Börsencrash der Geschichte statt: Panik unter den Anlegerinnen – wer am 23. noch ein reicher Cupongschneider war, fand sich am 25. in den Gossen von Harlem oder Wedding wieder. Zwei Tage nach meinem Geburtstag versuchten dann alle Investoren gleichzeitig, ihre Aktien zu verhökern. So etwas kann nur schiefgehen, das weiß heute selbst die LBBW.
Rechtzeitig zum Schwarzen Donnerstag, dem Tag des Aufstands der Polizei gegen die Stuttgarter Schüler, beklagen die wenigen übrig gebliebenen Printmedien weinerlich das mangelnde Interesse des Volkes an anderen Spielen als dem Volksfest. Null Bock für Erörterungen. Das Volk will Brot und Spiele, sprich Bier und Göckele. Und da wir ja so total auf Mehrheiten pochen: Es hat sogar überwiegend nicht nur das Interesse an Powerpoint-Präsentationen in cleanen Messehallen, sondern auch an Wahlen verloren. Jeder Zweite wählt, wenn sie wählt, lieber das Bierzelt. Da weiß Mann: Die Maß ist nie ganz voll, aber auch nicht halb leer und mit Sicherheit teurer als letztes Jahr. Das hat die Maß mit den Parteien gemeinsam – aber immer frisch verzapft!
Doch wenn Aufstand, dann bitte woanders. In Hongkong beispielsweise. Aufstand bei die Schlitzaugen?, tät meine Omi Glimbzsch aus Zittau jetzt treuherzig fragen. Die Ungläubige! Sie hat halt so ihre Erfahrungen mit den Gelben und den Roten gemacht, gelle? So braust Jubel auf, wenn die Schüler Hongkongs das Finanzzentrum stürmen und dem Tränengas trotzen. Sie tun es ja auch für uns, und so lange in Frankfurt oder Stuttgart alles ruhig bleibt, ist alles okay. Für Ordnung sorgt in Hongkong und Frankfurt die paramilitärisch ausschauende Polizei (wie von der Geisterbahn auf dem Wasen). Occupy, Blockupy. Beifall.
Der Kollege Holger G. von der StZ (der Name ist der Redaktion bekannt) wahrsagte vor Tagen, dass "die kleiner gewordene Gruppe der Fundamentalgegner" wahrscheinlich bei der Eröffnung des Tiefbahnhofs (nicht in Hongkong, sondern in Stuttgart) "Oben bleiben" rufen wird.
Die müssten dann freilich bei guter Gesundheit bleiben und ein Durchschnittsalter von 120 Jahren erreichen. Unwahrscheinlich. Wahrscheinlicher ist, dass die Freunde des börsenorientierten Tiefbahnhofs froh wären, wenn sie oben geblieben wären: So viele Züge auf 16 Gleisen gibt's sonst nirgends.
Peter Grohmann ist Kabarettist und Erfinder des Bürgerprojekts Die Anstifter.
1 Kommentar verfügbar
FernDerHeimat
am 01.10.2014Dirndl und Mandl, Dodlhut und Trachtenjanker - urschwäbisch und typisch ganz gewiss...
Nun wollen wir mal nicht so sein! Machen wir mal einen kurzen Wasen/Wiesntest:
Gleich am Anfang…