Thomas E., 57, Polizeioberrat, ist ein gestandenes Mannsbild von knapp unter hundert Kilo, das – zumal in Uniform – Respekt einflößt, weil man sich vorstellen kann, dass nicht mehr so viel Gras wächst, wo der Mann hinlangt. Er leitet das Revier Bad Cannstatt, hat eine dreistellige Zahl von Beamten unter sich und sowohl den VfB mit aller Hooligan-Problematik als auch Frühlings- und vor allem Volksfest in seinem Beritt. Dort allein passieren 2000 Straftaten in zwei Wochen. Da ist Thomas E. gern und aus Überzeugung mittendrin: Führung, sagt er, heiße nach seinem Verständnis, dass der Chef mit ganz vorn dabei ist.
Thomas E. ist kein Feigling, jedenfalls kein großer, obwohl er sich später noch als einen solchen bezeichnen wird. Als Zeuge geladen vor der 18. Großen Strafkammer des Stuttgarter Landgerichts, belehrt ihn die Vorsitzende Richterin ausführlich darüber, dass er nicht aussagen muss, wenn er das Gefühl hat, sich womöglich dadurch selber zu belasten. Es vergehen bange Sekunden im Gerichtssaal, dann sagt der Zeuge, er werde reden. Der erste Polizist vom Schwarzen Donnerstag, der reden will!
Der gebürtige Stuttgarter hatte es zum Chef der Heidenheimer Schutzpolizei gebracht, ehe er heimkehrte, um jahrelang das berühmte 1. Revier zu übernehmen: die Hauptstätter Straße, die Altstadt, eben alles, was eine Großstadt von Taschendieben über Drogen bis Prostitution so im Angebot hat. Doch dann kam der Karriereknick, und der hieß Siegfried Stumpf: Der damals neue Stuttgarter Polizeipräsident empfand den Revierführer E. als den falschen Mann und versetzte ihn ins Revier Ostendstraße. Thomas E. klagte dagegen. Und bekam irgendwann recht. Das Verhältnis zwischen beiden aber war hinüber.
Vor lauter Hektik in die Radarfalle gerast
Der 30. September 2010, der zum Schwarzen Donnerstag werden sollte, morgens um 8 Uhr: Thomas E. fährt später als gewöhnlich zur Arbeit, denn er weiß, dass es ein langer Tag werden wird. Um 15 Uhr soll der Einsatz zur Räumung des Schlossgartens beginnen, er selber wird den Einsatzabschnitt 2 leiten, der den Landtag sichert. Thomas E. ist zwar der dienstälteste und erfahrenste Einsatzleiter, den der Polizeipräsident zur Verfügung hätte, aber er genießt halt nicht dessen Vertrauen. Am Abend zuvor hat Siegfried Stumpf beschlossen, den Einsatzbeginn auf 10 Uhr vorzuziehen, und nur wenige Männer eingeweiht. Als E. bei der Einsatzbesprechung im Präsidium endlich auch davon erfährt, hat er noch eine Stunde und gibt anschließend so viel Gas, dass er unterwegs sogar geblitzt wird.
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Thymus vulgaris
am 27.09.2014