Herr Hofer, vom 23. Juni an ist einen Monat lang IBA-Festival. Ist Ihnen nach der Ankündigung der EnBW, am Stöckach zu pausieren und bis 2027 nicht einmal den ersten Bauabschnitt fertig zu haben, noch zum Feiern zumute?
Man hat lange um den Begriff gerungen: Pausieren tauchte irgendwann einmal auf. Es ist tatsächlich so, dass die Planer genau gleich weiterplanen. Keine Budgets wurden gestrichen. Die Verhandlungen mit der Stadt über die Bebauungspläne laufen weiter, es gibt einen Jour fixe alle zwei Wochen. Eigentlich hat sich nichts geändert.
Das heißt, nach derzeitigem Stand würde das Projekt realisiert werden?
Nein, weil die Rechnung betriebswirtschaftlich nicht aufgeht. Das ist bei ganz vielen Projekten so. Ein verantwortungsvoller Bauträger muss sich im Moment die Frage stellen, ob er sich seine Projekte noch leisten kann. Im Windschatten der Nullzinspolitik hat man einfach nicht gemerkt, dass die Baupreise seit 2003 um genau 101,4 Prozent gestiegen sind. Mit der jetzigen, sehr schnellen Zinssteigerung geht keine Rechnung mehr auf, sonst wäre sie unseriös gewesen.
Aber das heißt doch, dass Sie im Moment gar nicht sagen können, ob die IBA-Projekte bis 2027 alle fertig werden.
Das hätte ich Ihnen auch am ersten Tag 2018 schon gesagt. Bei einem Immobilienprojekt kannst du frühestens dann sagen, dass es stattfindet, wenn da eine tiefe Baugrube ist. Allerdings mache ich mir weniger um die IBA als um dieses Land Sorgen. Im Moment ist Wohnungsbau nicht darstellbar.
Sie haben mit der Architektenkammer einen Aufruf veröffentlicht: "Wohnungsbau jetzt – sozial und zukunftsfähig!" Was fordern Sie?
Unsere Aussage war: Ihr müsst wirklich aufpassen, dass ihr die Bauwirtschaft nicht ins Loch stoßt. Ohne Bauwirtschaft kann ich auch keine Wohnungen bauen. Im Moment braucht es sehr wahrscheinlich Überbrückungsdarlehen. Und dann muss man sich glaube ich sehr grundsätzlich überlegen, wie es mit dem Wohnungsbau weitergeht.
Wie kommt es zu dieser Situation?
Es gibt da ein Zusammentreffen von verschiedenen Faktoren, die teilweise bis 2008 zurückreichen.
Die Finanzkrise?
Die hat uns die Nullzinspolitik beschert, Milliardensummen, die irgendwie angelegt werden wollten. Wenn Zinsen sinken, kann man sich mehr Grund leisten. Das heißt, der Bodenpreis steigt. Das betrifft die Genossenschaften weniger, die auf Grundstücken bauen, die schon seit vielen Jahren in ihrem Besitz sind. Mein Hypothese ist: Eine Stadt braucht vielleicht 30 Prozent kommunalen und genossenschaftlichen Wohnungsbau, der diesen Rendite- und Spekulationszyklen entzogen ist.
3 Kommentare verfügbar
Jue.So Jürgen Sojka
am 22.06.2023Ich darf jetzt nicht unfair sein: Die Stadt muss ja mit uns. Die anderen Kommunen, außerhalb von Stuttgart, das sind die, die wollen.“
Oha, wo ist Ihr Mumm geblieben [1] – es muss ja nicht gleich der „Doppel-Wumms“ sein, es genügt …
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