"Laaaangweilig!" würde Homer Simpson aus der US-Animationsserie "Simpsons" wohl diese Woche aus S-21-Land kommentieren. Und wenn wir schon im filmischen Bereich sind, ließe sich auch "Und täglich grüßt das Murmeltier" anführen. Jedenfalls: Stuttgart 21 soll noch teurer werden. Das gehe wohl aus internen Unterlagen für die Aufsichtsratssitzung der Bahn AG am Mittwoch, den 27. März, hervor, berichtet Thomas Wüpper <link https: www.stuttgarter-zeitung.de inhalt.vor-aufsichtsratssitzung-der-bahn-bei-stuttgart-21-drohen-weitere-mehrkosten.f1487816-153b-44cf-b61b-1547c5bf7ba9.html _blank external-link-new-window>in der Stuttgarter Zeitung. "Experten befürchten, dass die Gesamtkosten für S 21 und die ICE-Strecke am Ende von derzeit fast 12 auf mindestens 15 Milliarden Euro steigen werden", heißt es da.
Ach ne. Das erstaunlichste dabei wäre, dass das Intervall seit der letzten Teuerungsverkündung (Dezember 2017) deutlich kürzer ist als seit der vorletzten (Dezember 2012). Respekt, liebe Bahn. Und jetzt, ganz gemeiner Spoiler: Es wird nicht die letzte Teuerung, pardon, Gesamtkostenrahmenerhöhung sein.
Wird der Bahn das irgendwann zu viel werden? Bei ihrer Klage um Übernahme von Mehrkostenanteilen durch die Projektpartner (Land, Stadt Stuttgart, Verband Region Stuttgart) geht es ja offenkundig nicht voran (Kontext berichtete mehrmals, u.a. <link https: www.kontextwochenzeitung.de wirtschaft wer-soll-das-bezahlen-4765.html _blank internal-link-new-window>hier). Aber jetzt kommt die frohe Botschaft: Sie muss Stuttgart 21 gar nicht zu Ende bauen! Zu diesem Schluss kommt jedenfalls ein Gutachten des Passauer Rechtsprofessors Urs Kramer, welches das Aktionsbündnis gegen Stuttgart 21 in Auftrag gegeben hat (hier das<link file:44147> komplette Gutachten zum Download, hier eine <link file:44146>Zusammenfassung).
Dass diese Möglichkeit besteht, geht ja im Grunde schon aus der phantasievollen Konstruktion des Projekts hervor: Es ist kein Projekt des Bundesverkehrswegeplans, sondern deklariert als ein "eigenwirtschaftliches Unternehmen" der Bahn, das diese ursprünglich gar nicht machen wollte. Erst die Projektpartner mussten den Staatskonzerm zum Jagen tragen – mithilfe weitreichender Finanzierungszusagen, die der Bahn ermöglichen sollten, das Projekt quasi ohne Eigenkapital zu bauen.
Nun waren diese Finanzierungsanteile, wie wir inzwischen wissen, doch nicht groß genug. Und weil die Gespräche zur Neuregelung der Finanzierung für das Projekt gescheitert seien, so Kramers Darstellung, hätten sich die Pflichten zur Förderung und Vollendung von S 21 erledigt. Aber die sogenannte "Sprechklausel" eröffne hier neue Möglichkeiten: Da keiner der Vertragspartner das Großprojekt als Bauruine wünschen könne, und die Bahn als "Vorhabenträgerin" benötigt werde, sei es dringend geboten, sich um sinnvolle Alternativen Gedanken zu machen. Also beispielsweise das<link https: www.kontextwochenzeitung.de politik ideen-in-der-hinterhand-4778.html _blank internal-link-new-window> "Umstieg 21"-Konzept.
Nun muss man nur noch darauf warten, welcher der Beteiligten als erstes keine Angst hat, das Gesicht zu verlieren. Ja gut, schaunmermal.
ETCS im Eimer
Großes Wehklagen bescherten finanzielle Überraschungen anderer Art: ETCS im Eimer! Das im vergangenen November als großer Heilsbringer für S 21 und das Stuttgarter S-Bahnnetz präsentierte sauteure digitale Signalsystem (in voller Länge: "European Train Control System") soll der Sparwut von Finanzminister Olaf Scholz zum Opfer fallen: Für die geplante Digitalisierungsoffensive der Bahn will der eiskalte Hanseate statt jährlich 1,5 Milliarden nur noch 567 Millionen Euro bis 2023, also für vier Jahre, einplanen. Damit wäre die geplante ETCS-Ausstattung nicht nur von S 21, sondern auch der Stuttgarter S-Bahn erst mal vom Tisch. Und die hiesigen Medien beklagten das fast ebenso bitterlich wie Landesverkehrsminister Winfried Hermann.
5 Kommentare verfügbar
Jue.So Jürgen Sojka
am 27.03.2019S 21 wird wohl wieder ein paar Milliarden teurer, ein Gutachten kommt zum Schluss,…
Wie zutreffend Ihre Aussage doch die seit mehreren Jahren feststehende Gegebenheit auf den PUNKT bringt.
Ebenso „…– und Journalisten vergessen das Recherchieren.“ Die Tatsachen im Umgang mit "S21,…