Dass jetzt auch noch einmal PricewaterhouseCoopers (PwC) zum Zug kommt, wird in den Reihen der Kopfbahnhofbefürworter mit sehr unterschiedlichen Bewertungen bedacht. Denn einerseits könnten gerade die Fachleute, der DB als Dauerkundin verbunden, allzu lasch vorzugehen in der Bewertung. Andererseits muss sich PwC an früheren Aussagen messen lassen. Schon während der Schlichtung vor sieben Jahren wurden Einsparungen analysiert, oder – wie der heutige Ministerpräsident Winfried Kretschmann damals sagte – die "herunteroptimierten Kostensenkungen". Damit drohe Stuttgart 21 "zum finanziellen Desaster zu werden". Das war, nur zur Erinnerung, am 26. November 2010.
Die Zahlen der Bahn konnten nach dem Vortrag von PwC, Susat und Partner sowie der Märkischen Revision Schlichter Heiner Geißler ebenfalls nicht überzeugen. "Erkläre mir, Graf Oerindor, dieses Wunder der Natur", kalauerte der knitze CDU-Veteran. Immerhin enthielt die Präsentation der diversen Wirtschaftsprüfer so kernige Sätze wie "Vor diesem Hintergrund sehen wir das Risiko, dass sich in den weiteren Phasen des Projektablaufes Steigerungen ergeben können, die im Rahmen der Planung nicht mehr als gesamtkostenneutral aufgefangen werden können". Auch die Baukosten tauchen als Posten auf, weil "bei mehreren Schlüsselpositionen (...) nicht unwesentliche Reduzierungen der von den Fachplanern zu Grunde gelegten Einheitspreise vorgenommen wurden". Und regelrecht um die Ohren flogen der Bahn die mit 2,8 Milliarden Euro angegebenen Kosten für einen Ausstieg aus S 21 und eine Sanierung des Kopfbahnhofs – die Gutachter kamen nur auf 1,65 Milliarden.
2013 wurde PwC ein zweites Mal beauftragt und lieferte – O-Ton der Bahn – ein "unabhängiges Testat" der Chancen und Risiken, gestützt allerdings, wie die Autoren selber anmerkten, allein "auf die von der DB AG zur Verfügung gestellten Unterlagen". Daraus leiteten sie das "Risiko" ab, dass "wesentliche Fehler" und "rechtswidrige Handlungen" nicht aufgedeckt worden seien. Noch deutlicher fiel die Kritik daran aus, dass die Berechnungen der Bahn "nicht den Grundsätzen des Risikomanagements im DB AG-Konzern" für Großprojekte entsprächen. Im Klartext heißt das: Da werden geschönte Zahlen gewittert. Aber selbst auf deren Basis sahen die Wirtschaftsprüfer "die Voraussetzungen für ein möglichst geringes Nachtragsvolumen in der Projektorganisation des Großprojekts noch nicht etabliert". Und dann kommt wieder die GWU aus dem Jahr 2009: Im Vergleich dazu sei ein "erhebliches Nachtragsvolumen" zu erwarten. Dennoch gab der Aufsichtsrat weiter grünes Licht.
Der Puffer ist bis auf karge 15 Millionen Euro aufgebraucht
Drei Jahre später folgte, wieder in Vorbereitung einer Aufsichtsratssitzung und angesichts immer drängender werdender Haftungsfragen, das nächste Gutachten. Wieder spielt der Puffer eine Rolle, denn der ist 2016 bis auf karge 15 Millionen aufgebraucht. Der Bundesrechnungshof hielt zu diesem Zeitpunkt schon Gesamtkosten von zehn Milliarden Euro für realistisch. Spätestens da hätte sich Kretschmann wieder ins Spiel bringen müssen. Im Sommer 2015, den Landtagswahlkampf vor Augen, wollte der Grüne aber noch weniger zu tun haben mit dem Projektfortgang als sonst in den inzwischen langen Monaten seit der Volksabstimmung und seinem apodiktischen "Der Käs' ist gegessen". Dabei war er nicht mehr im widerständigen Oppositionsmodus, sondern schon Regierungschef, als er eines kategorisch ausschloss: "Ich werde keine Situation hinnehmen, in der die Baugrube in Stuttgart ausgehoben, die Finanzierung aber nicht gesichert ist."
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Werner Buck
am 09.11.2017