In seinem Plädoyer verteidigt Oberstaatsanwalt Kaltschmid das Verfahren. Es sei keineswegs "vermurkst", wie Theisen im März meinte. Als es 2015 begann, sei der Delinquent wegen eines ähnlichen Vorfalls in München verurteilt gewesen. Außerdem sei der Hausfriedensbruch erwiesen, die Meinungsfreiheit sei nicht grenzenlos, der Beklagte werde in seinem Grundrecht nicht eingeschränkt, schließlich hätte er seine Flugblätter auch "ein paar Meter weiter" verteilen können. Allerdings gebe es "letzte Zweifel", dass Theisen wirklich von jemandem, auf Anweisung von oben, weggeschickt worden war. Deshalb sei er frei zu sprechen.
Richter Heuer meint, die Anweisung sei "abartig und lebensfremd", der damalige Justiziar von Heckler & Koch, Volljurist Miller, als Zeuge "erbarmungswürdig" und seine Anzeige zum Hausfriedensbruch in wesentlichen Teilen "wissentlich falsch" formuliert, um "höheren Druck auszuüben". Am Ende gerät der richterliche Spruch noch zur Generalkritik an der Waffenfabrik. Hätte das Unternehmen die Anzeige zurückgezogen, so Heuer, wäre der Fall erledigt gewesen. Er werde deshalb prüfen, ob H & K nicht die Kosten des Verfahrens tragen müsse. Wer eine unwahre Anzeige erstatte, könne dazu verdonnert werden.
Wer heute Chef ist, kann morgen rausfliegen
Kenner des Ladens erstaunen solche Vorgänge inzwischen nicht mehr, wenn sie das muntere Hire und Fire in der Chefetage zugrunde legen. Das Spitzenpersonal bleibt nicht lange, wird gefeuert und klagt anschließend. Im Juni 2015 traf es Nicola Marinelli. Anfangs hochgelobt, durfte der heute 61- jährige Rüstungsmanager grade mal sieben Monate in der Beletage auf dem Lindenhof residieren. Den von Hauptaktionär Andreas Heeschen als "branchenerfahrenen Experten" und "kompetenten Kollegen" gepriesenen Marinelli feuerte die Firma im Frühling 2016. Sein Nachfolger Norbert Scheuch blieb etwas länger und flog erst nach einer Aktionärsversammlung am 15. August 2017, als er, auch <link https: www.kontextwochenzeitung.de wirtschaft grosse-kaliber-gegen-bekiffte-kaempfer-4692.html internal-link-new-window>gegenüber Kontext, eine radikal neue Unternehmenspolitik in Aussicht stellte. In dem Gespräch hatte er sich offen für die Forderung einiger kritischer Aktionäre gezeigt, einen Fonds für die Opfer von Heckler & Koch-Waffen zu schaffen. Außerdem würden Waffen künftig nur noch in "grüne" Staaten verkauft.
Nach seinem Rauswurf, der ohne Begründung erfolgte, hatte Scheuch auf Wiedereinstellung geklagt, ein Gerichtstermin im Dezember 2017 war geplatzt. Nun haben sich beide Seiten verglichen. Laut "Wirtschaftswoche" hat der Geschasste keine Abfindung erhalten, vielmehr habe die Firma dem Wunsch des 58-Jährigen nach einem "einvernehmlichen Ausscheiden" zugestimmt, sagte sein Anwalt dem Blatt.
Schwer zu sagen, wem der Laden eigentlich gehört
Während Scheuch mit seinem Vergleich zufrieden scheint, will Marinelli weiterhin eine halbe Million Euro von seinem Ex-Arbeitgeber. "Das Verfahren ist für den 3. August terminiert", bestätigt der Vizepräsident des Landgerichts Rottweil , Thilo Rebmann, auf Nachfrage von Kontext. Marinelli hat eine Klausel in seinem Vertrag, wonach er eine halbe Million erhält, falls er wegen eines "Change of Control", sprich Eigentümerwechsels, seinen Job verliert. Marinelli behauptet nun, nicht Andreas Heeschen, sondern der französische Investor Nicolas Walewski und dessen Londoner Investmentfirma Alken seien Hauptanteilseigner von Heckler & Koch. An jenem 3. August möchte er in einem Zivilprozess mehr darüber erfahren.
Doch dazu müsste er Heeschen als Zeugen laden. Und das scheint schwierig zu sein. Der Kläger, so Rebmann, müsse in einem solchen Verfahren dem Gericht eine ladungsfähige Adresse mitteilen. "Kommt der Brief als unzustellbar zurück, gilt der Zeuge als rechtlich unerreichbar." Die Konsequenz: Der Kläger kann seine Behauptung nicht beweisen. Schlecht für Marinelli, denn die Schweizer Adresse von Heeschen steht zwar so im Aktienregister, aber die Briefe kommen als unzustellbar nach Rottweil zurück. So wird es schwer nachzuweisen sein, was Marinelli laut dpa behauptet, dass nämlich Heeschen seine Aktien an Walewski verpfändet habe und nur noch auf dem Papier der Hauptaktionär von Heckler & Koch sei.
Ähnlich unerreichbar wie Heeschen ist auch Walewskis Fond Alken: Wer dessen Homepage anklickt und über das Kontaktformular anfragt, bekommt "Unbekannte Empfängeradresse" zur Antwort. Nicht besser geht es einem mit der offiziellen e-Mail Adresse contact@alken-am.com: "Diese Seite ist nicht erreichbar." Über den Franzosen erfährt man zwar, dass er ein Nachfahre von Napoleon Bonaparte gewesen sei, er gerne Tennis und Golf spielt und sein Alken European Opportunities Fonds gut zwei Milliarden schwer sei. An welchen Unternehmen er konkret beteiligt ist, oder gar ein Hinweis über seine Beziehungen zu Heckler & Koch – Fehlanzeige.
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