Die AfD kann sich gerade zurücklehnen. Andere machen die Arbeit für sie. Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CDU) entschied im Mai, anlässlich des Christopher Street Day (CSD) in Berlin nicht mehr wie in den vergangenen Jahren die Regenbogenflagge am Reichstagsgebäude zu hissen, außerdem untersagte sie die Teilnahme der queeren Gruppe der Bundestagsverwaltung an der Parade. Und jüngst verbot Kulturstaatsminister Wolfram Weimer die Verwendung von "Gender-Sprache" in Dienstschreiben seiner Behörde.
Beides passt zu den Positionen, die die AfD seit langem auf unterschiedlichsten Wegen vertritt. Zwei Beispiele von vielen: Im August 2022 etwa machte Bernd Gögel, damals noch AfD-Fraktionsvorsitzender im baden-württembergischen Landtag, die Beflaggung von Gebäuden des Landes mit der Regenbogenflagge zum Thema einer Kleinen Anfrage. Und auf ihrem Landesparteitag im März 2023 in Offenburg verabschiedete die AfD eine "Gender-Resolution", Titel: "Kinder mit Zukunft statt Geschlechterverwirrung", in der sie unter anderem konstatierte: "Genderstern und andere unsinnige Schreibweisen lehnen wir rigoros ab. Das generische Maskulinum gilt für beide Geschlechter."
Queer-Feindlichkeit und die Gender-Thematik – also die Ablehnung von allem, was dazu gerechnet wird – sind zentrale Bestandteile des Rechtsextremismus und bei der AfD ebenso zu finden wie bei noch extremeren Gruppierungen. Gegen CSD-Veranstaltungen zu mobilisieren, gehört mittlerweile dazu, für die Neonazi-Gruppe "Deutscher Störtrupp" (DST) ist das sogar ein Hauptbetätigungsfeld. Damit stellen sich die Nazi-Truppe und die AfD in eine lange Tradition. Der rechte Aktivismus auf diesem Feld lässt sich sehr klar als Ausfluss völkischen Denkens deuten, dessen Anfänge in die 1890er-Jahre zurückreichen.
Leider noch kein Fall für die Geschichtsbücher
So ist es kein Wunder, dass es eine Veranstaltung im Rahmen der Stuttgarter CSD-Kulturwochen war, die sich im Juli unter dem Titel "Nie wieder still" im Erinnerungsort Hotel Silber mit den "Entwicklungen und Auswirkungen der völkischen (NS-)Geschlechterideologie" befasste. Sehr deutlich wurde da, wie gegenwärtig die Vergangenheit gerade ist.
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