Vom Erfolg der AfD profitieren nicht nur die Identitären, sondern eben auch Organisationen, aus denen der Nachwuchs stammt. Dazu gehören neben Burschenschaften, Korporationen oder Deutscher Gildenschaft auch völkisch-nationalistische Organisationen. Es stellt sich zwangsläufig die Frage: Warum ist kaum etwas bekannt über deren politische Vorarbeit an Kindern und Jugendlichen?
Die bereits 1994 wegen ihrer Wesenverwandtschaft zum Nationalsozialismus verbotene militante Wiking-Jugend hätte Warnung genug sein können. Durch ihre harte und militärische Schule gingen nach eigenen Angaben rund 15 000 Jugendliche, viele sind bis heute in der Neonazi-Szene führend aktiv, wie Thorsten Heise oder Stefan Köster. "Wer frühzeitig Zeltlager, Drill, Gewaltmärsche oder Mutproben der Nachfolgeorganisation HDJ erlebte, gilt als politisch gefestigt und ist für nationalistischen Aktionismus besonders geeignet", bestätigt auch Wissenschaftler Gideon Botsch. Verbote können die pädagogische Arbeit der Völkischen nicht aufhalten, immer noch ist zum Beispiel trotz Verbotes der HDJ im Jahr 2009 ein Ableger im sogenannten "Hermannsland" in Ostwestfalen sehr aktiv.
Eindrucksvoll hat Heidrun Benneckenstein in dem Buch "Ein deutsches Mädchen" über ihre von nationalsozialistischen Denken und Fanatismus geprägte Kindheit und den Lagern der HDJ berichtet. Wie andere betroffene Kinder wuchs sie mit Feindbildern als wichtiger Bestandteil elterlicher Pädagogik heran. "Kleine Kameraden" erhalten ungefiltert die volle Dröhnung an NS-Gedanken- und Liedgut und fühlen sich als Teil einer deutschen "Schicksalsgemeinschaft". Wehrhaftigkeit und Maskulismus, wie er auch bei den Identitären propagiert wird, stoßen insbesondere beim völkischen Nachwuchs auf Zuspruch. Frühsport und "Trainingslager", wie sie die IB immer wieder durchführen, sind sie längst gewohnt.
Fernab der Aufmerksamkeit von Polizei, Verfassungsschutz oder Öffentlichkeit werden Kinder aus den Reihen deutschtümelnder Sippen zu verschworenen Mitglieder einer elitären "Volksgemeinschaft" geformt. Unbehelligt können sich Organisationen wie der "Sturmvogel – Deutscher Jugend" des Nachwuches annehmen, obwohl längst bekannt ist, dass Holocaust-Leugner und NPD-Aktivisten in deren Reihen zu finden sind. Bekannte Namen der Neuen Rechte, wie der Gründer des Jugendmagazins "Blaue Narzisse" Felix Menzel, gehörten zum Freibund – Bund heimattreuer Jugend (heute: Der Freibund).
Durch den Erfolg der AfD verspürt auch diese Szene Aufwind. Immer mehr Völkische, zu deren Hauptaufgaben vorher die Stärkung der Gemeinschaft nach innen sowie die kommunale Verwurzelung zählte, unterstützen Partei oder Identitäre Bewegung öffentlich. Der organisierte Kinderdrill aber soll unantastbar bleiben und weiterhin im Verborgenen laufen. Die Präsidentin des niedersächsischen Verfassungsschutz, Maren Brandenburger, räumte in der TV-Dokumentation "Völkische Siedler – Schattenwelten auf dem Land" ein, dass sich HDJ und Sturmvogel-Veranstaltungen ähneln würden und ihre Behörde das daher "sehr ernst" nähme. Doch passiert ist bisher nichts. Warnungen und Aufklärung vonseiten der Behörden sucht man vergebens.
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Frank Frei
am 12.02.2018