O tempora, o mores! Haben sich vermutlich die Gymnasialdirektoren gedacht und angesichts des heutigen Abiturs für (fast) alle an die guten alten Zeiten gedacht, als sich Gymnasiasten noch als exklusive Bildungselite fühlen durften. Das hohe Niveau vermissend erwuchs der Wunsch, wenigstens einmal im Jahr, beim Rutenfest, wieder die feinen Unterschiede hervorzuheben. Es sei doch die Leistung, die bestimmt, wer zur Elite zählt.
Die Gymnasialdirektoren möchten in alleinmächtiger Bildungsaristokratie entscheiden, wer im Trommlerkorps der Gymnasien sowie bei den Landsknechten mitmachen darf. Lediglich bei einem besser als oder gerade noch befriedigenden Notendurchschnitt (besser als oder gleich 3,0) sowie einer besser als oder gerade noch guten Verhaltensnote (besser als oder gleich 2,0) solle der gemeine männliche Gymnasiast künftig noch die Chance haben, beim Rutenfest mittrommeln zu dürfen. Aber nur, wenn keine Verhaltenseinträge vorliegen. In jedem Fall möchten die Gymnasialschulleitungen sich ein Vetorecht vorbehalten.
Bisher wählen die Schüler unter sich die Teilnehmer fürs Trommlerkorps sowie für die Landsknechte. "So schreibt es die mittlerweile über 130 Jahre währende Tradition vor", heißt es auf der Homepage des Trommlerkorps. Dass die Gymnasiasten auf demokratischem Wege unter ihresgleichen die Besetzung regeln, ist den Philologen offensichtlich ein Dorn im Auge. Mark Overhage (Albert-Einstein-Gymnasium), geschäftsführender Schulleiter der Ravensburger Gymnasien: "Für die Schulen muss es die Möglichkeit geben, mitzureden, wer in der ersten Reihe stehen und die Gymnasien repräsentieren soll. Es obliegt daher der Schulleitung, aufgrund von Noten und Verhalten ein Veto gegen nicht geeignete Kandidaten einzulegen. Durch ein Veto ist dieser Schüler nicht mehr wählbar." Auch habe in der Vergangenheit das Engagement im Trommlerkorps beziehungsweise bei den Landsknechten bei manchen Schülern zu einer Verschlechterung der schulischen Leistungen bis hin zum nicht bestandenen Abitur geführt.
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Arian Müller
am 04.07.2022