Sparfüchse aufgepasst! Um sich ein wenig Land anzueignen, braucht es nicht zwangsweise eine große Geldbörse. So steht bei Niederhausen an der Appel derzeit ein Grundstück mit Bäumen und Sträuchern – Zustand "lebhafter Wildwuchs" – für schlanke 3,20 Euro den Quadratmeter zum Angebot. Doch gilt beim Bodenwert die alte Immobilienweisheit: Lage, Lage, Lage! Damit die gleiche Fläche unter den Füßen einen Spitzenpreis erzielen kann, muss sie vom Reichtum umzingelt sein, mit einer bärenstarken Premiumwirtschaft und prestigeträchtigen Topmarken. Etwa wie in Stuttgart, wo ein Quadratmeter der Königstraße für bis zu 30.000 Euro zum Verkauf steht.
Solch ein ökonomisches Potenzial entfaltet die Natur nicht von selbst. Dafür braucht es Tatkraft und Gestaltungswillen. Mehr als 50 Hektar Land werden daher jeden Tag in Deutschland neu in Anspruch genommen. In Altdorf verwandelt sich Waldboden in Kiesgruben, in Weilheim an der Teck stimmen die Bürgerinnen und Bürger mit großer Mehrheit für neue Gewerbeflächen zugunsten einer Wasserstoff-Fabrik, und um der Wohnungsnot in fast allen Großstädten der Republik zu begegnen, lautet die landauf landab propagierte Strategie gegen explodierende Mieten: bauen, bauen, bauen (wenn auch der Nachweis fehlt, dass Neubau tatsächlich zu sinkenden Preisen führt).
Ein intaktes Biotop ist hingegen ein doppelter Kostenfaktor. Einmal weil die Pflege aufwendig sein kann, es Profis braucht, um gefährdeten Arten angemessene Lebensräume einzurichten und ein geschütztes Gebiet, das Menschenmengen den Zutritt verwehrt, ganz ohne Ticketverkäufe schlecht Einnahmen generieren kann. Ergo: ein Zuschussgeschäft! Dazu kommen aber noch die Opportunitätskosten – also das, was entgeht, wenn niemand an den maximierten Nutzen denkt: Mit Tourismusmagneten könnte ein potenzieller Boom bereits darauf warten, endlich verwirklicht zu werden. Nicht nur beim "Spass-Park Hochschwarzwald" sind daher neue Betten geplant.
Lukrative Fiktion, wertlose Realität
Einen Wert im ökonomischen Sinn haben Wald und Wiesen erst, wo sie zum Gegenstand wirtschaftlicher Verwertungsprozesse werden, sei es durch eine Bebauung, ertragreiche Äcker oder als Rohstoffquelle. Das ist insofern bemerkenswert, als dass sich prinzipiell mit jedem Unsinn Geld verdienen lässt, auch wenn diesem jeder praktische Nutzen fehlt. Es reicht ja schon, wenn genügend Menschen davon ausgehen, dass ein Phantasieprodukt als Spekulationsobjekt eines Tages mehr wert sein wird als heute. Folglich gibt es viele Bitcoin-Millionäre, aber keine Biotop-Bourgeoise.
Damit scheint sich jedoch eine einfache Lösung abzuzeichnen, wie sich unvernutzte Umwelt und Wertsteigerung doch noch in Einklang bringen lassen könnten: durch Privatisierung und Spekulation. Wie wäre es zum Beispiel, wenn Elon Musk das Naturschutzgebiet Wurzacher Ried aufkauft und unangetastet lässt? Wenn das Moor dann in ein paar Jahren, mit voranschreitender Dystopisierung des Planeten, als kleines Refugium für rare Amphibien im Wert gestiegen ist, könnte er es gewinnbringend an Jeff Bezos abtreten.
Nur leider wurzelt das Problem noch tiefer.
Die Wirtschaft: planmäßig und effizient?
Der Brockhaus-Enzyklopädie ist zu entnehmen: "Wirtschaft dient innerhalb des menschlichen Daseins der materiellen Erhaltung und Sicherung des Lebens des einzelnen oder einer Vielheit von Menschen." Auch bei Wikipedia heißt es: "Unter Wirtschaften werden alle menschlichen Aktivitäten verstanden, die mit dem Ziel einer bestmöglichen Bedürfnisbefriedigung planmäßig und effizient über knappe Ressourcen entscheiden."
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