Da steht der Ministerpräsident mit Gummistiefeln im Schlamm und freut sich wie ein kleiner Bub auf die Bescherung an Heilig Abend. "So etwas habe ich schon viel zu lange nicht mehr gemacht", erklärt er den Kindern und Jugendlichen auf der naturgeschützten Großseggenwiese in Ammerbuch und wirkt dabei so beseelt und zufrieden, wie er in krisengebeutelten Kriegs- und Corona-Zeiten nur selten auf der Regierungsbank zu sehen ist. "Die Menschen heute kennen meist mehr Automarken als Amphibienarten", sagt Kretschmann unter Gelächter. Er erinnert sich noch an die Teiche seiner Kindheit, da habe es vor lauter Molchen und Fröschen nur so gewimmelt.
Doch wie bei den Bienen und Vögeln ist auch der Amphibienbestand radikal zurückgegangen. 19 Arten gibt es noch in Baden-Württemberg, nur drei von ihnen gelten nicht als gefährdet. Ein paar Exemplare hofft die Initiative Artenkenntnis an diesem Samstag aufzustöbern. Denn: "Zu sagen, Biodiversität ist wichtig, aber keiner kennt sie, macht keinen Sinn", sagt Gerhard Bronner. Er sitzt dem baden-württembergischen Naturschutzverband vor und berichtet, wie über die vergangenen Jahrzehnte eine verhängnisvolle Marktlücke entstanden ist: "In Heidelberg etwa können sie noch heute Biologie studieren, ohne einem lebendigem Tier zu begegnen." Mit der Artenkenntnis sei doch kein Geld zu verdienen, habe es lange geheißen, also wurden Ausbildungskapazitäten abgebaut. Und heute stünden Behörden häufig vor Problemen, überhaupt noch qualifizierte Biologinnen und Biologen zu finden, wenn ein Bauprojekt angedacht ist und per Gutachten erfasst werden soll, was auf den betroffenen Flächen eigentlich alles lebt.
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W. Lorenzen-Pranger
am 20.04.2022