Doch für die US-Regierung waren die UIC ein islamistisch-terroristischer Feind im Rahmen der Anti-Terror-Strategie nach den Anschlägen vom 11. September 2001. Somalia galt als Rückzugsort für islamistische Terroristen. Mit Unterstützung der USA und unter Bruch des UNO-Waffenembargos ging die "Allianz für die Wiederherstellung des Friedens und gegen den Terrorismus", eine Vereinigung von Clanführern, gegen die UIC vor. Äthiopien vertrieb die UIC letztlich bei einer militärischen Intervention 2006 und installierte eine Übergangsregierung. Dies wiederum brachte den radikalislamischen Al-Shabaab-Milizen, der UIC-Jugendorganisation, enormen Zuspruch in der Bevölkerung, die 2008 Äthiopien zum Rückzug zwangen.
Seit 2012 gibt es wieder eine somalische Zentralregierung. Erst kürzlich ist es zum offenen Streit zwischen Präsident und Premierminister gekommen. Anschläge der radikalen Al Shabaab-Milizen haben wieder zugenommen.
Aus all dem folgt: An einer Lösung der Dauerkrise zum Wohle der Bevölkerung in diesem gebeutelten Land scheint seit Jahrzehnten niemand wirklich interessiert zu sein. Zu viele scheinen weiterhin von den instabilen und unsicheren Zuständen im Land zu profitieren.
Über Jahrzehnte haben diejenigen, die sich von außen in diesem Land engagieren, mit ihrem Eigeninteresse und den von ihnen installierten Strukturen das Land zugrunde gerichtet. In 20 Jahren Bürgerkrieg hat es keine Entwicklung gegeben, vor der Küste Somalias wurde jahrelang illegal Giftmüll im Meer versenkt, fremde Fangflotten fischten die Küstengewässer leer und trieben die heimischen Fischer in die Piraterie. Zurückgeblieben ist ein völlig verarmtes Land, in dem die Hälfte der Kinder nicht zur Schule geht und arbeiten muss.
Und dazu kommt die Erderhitzung
Im Zuge des sich verschärfenden Klimawandels werden sich die Krisen in Somalia in noch kürzeren Abständen wiederholen. Und nicht nur dort:
Seit Jahrzehnten spitzt sich im Norden Kenias die Lage der dort lebenden Menschen zu. Schon vor Jahren haben die Viehhirten kaum Nahrung für ihre Tiere gefunden. Und die Ackerbau betreibenden Kleinbauern hatten zu wenig Wasser für ihre Felder und versuchten, die Tiere der Viehhirten von ihren Feldern fern zu halten. Die Regierung Kenias interessiert sich für diese trockenen und wenig fruchtbaren Landstriche nur wenig und überlässt die Versorgung der Mensch weitgehend Hilfsorganisationen.
In Äthiopien ist nicht nur der Süden, sondern auch der Norden vom Hunger betroffen, wo in der Region Tigray Bürgerkrieg herrscht und Nahrungsmittelhilfe von der Regierung systematisch unterbunden wurde. Äthiopien und der frühere Erzfeind Eritrea haben sich zusammengetan im Kampf gegen die Rebellen. In Folge des Konflikts leiden Hunderttausende an Hunger. Auch diese Katastrophe wird die Erderhitzung weiter befeuern.
Allein die Stärkung der Versorgungssicherheit durch Hilfen für Kleinbauern wäre ein großer Schritt zur Unterstützung armer Menschen. Viel von dem herrschenden Leid ließe sich durch eine gerechtere Verteilung beseitigen: Nach den Zahlen der Welthungerhilfe landen jedes Jahr weltweit 1,3 Milliarden Tonnen Essen im Müll – ein Drittel dessen, was global an Lebensmitteln produziert wird.
Kontext-Autor Rainer Lang hat viele Jahre in der kirchlichen Katastrophenhilfe gearbeitet, unter anderem für Brot für die Welt, die Diakonie und den Weltkirchenrat.
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