Starten wir mit einer Frage: Was fällt Ihnen bei "24/7" ein? Richtig: Angebote oder Dienstleistungen, die rund um die Uhr verfügbar sind. 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche eben. So weit, so einfach. In Stuttgart tun sich Oberbürgermeister Fritz Kuhn und die Stadtverwaltung mit dieser Zeitangabe noch schwer. Und das ausgerechnet bei einem derzeit im Talkessel heiß diskutierten Thema. So kündigte das grüne Stadtoberhaupt jüngst im städtischen Pressedienst den "ersten autofreien Tag in der Stadt" an. Ohne Lärm und Abgase sollten die Stuttgarter den vergangenen Sonntag genießen können. Im Rahmen der "European Mobilty Week", der Leitkampagne der Europäischen Kommission zur Förderung eines sauberen und nachhaltigen Stadtverkehrs.
Stuttgarts Umwelt- und Klimaaktivisten, die seit Jahren gegen Feinstaub, Stickoxide und Klimagase durch zu viel Autoverkehr auf die Straße gehen, wurden durch Kuhns angekündigten Autobann allerdings getäuscht. Im "Kleingedruckten" des Pressetextes beschränkte der OB die frohe Botschaft nämlich postwendend. Zeitlich wie räumlich. So galt das Fahrverbot nur zwischen 11 und 18 Uhr. Nach schlappen sieben Stunden war der Premierentag bereits wieder vorbei.
Autofrei in Stuttgart: 0,069 Prozent des Straßennetzes gesperrt
Daneben sperrten Polizei und Ordnungsamt keineswegs die ganze Stadt für den motorisierten Individualverkehr, sondern nur ein Teilstück der als Party-Meile bekannten Theodor-Heuss-Straße. Genauer gesagt: einen Kilometer der innerstädtischen Verkehrsache. In anderen Zahlen: für die Veranstaltung "Theo – autofrei" wurden vom über 1450 Kilometer langen Straßennetz der Landeshauptstadt gerade mal 0,069 Prozent zeitweilig zu Gunsten von Fußgängern umgewidmet.
Auch blieb "Theo – autofrei" die einzige Veranstaltung, mit der die Stadtverwaltung für nachhaltige Mobilität warb. Während etwa das slowenische Velenje die Woche über mit Seminaren und Workshops zum Thema feierte, die tschechische Hauptstadt Prag von Montag bis Freitag mit der Aktion "Bike to Work" Pendler zum Umsteigen vom Auto aufs Fahrrad zu bewegen versuchte, schrumpfte die europäische Kampagnenwoche in der baden-württembergischen Landeshauptstadt auf einen einzelnen Aktionstag (siehe oben zu "24/7"). Zwar waren an diesem auch Elektromobile in einer Ausstellung in der Innenstadt zu bestaunen. Doch sind diese aktuell nicht wirklich nachhaltig, da sie gleichfalls Klimagase produzieren, solange sie mit Kohlestrom betankt werden. Und sie belegen den Stadtraum, den auch Fußgänger und Radfahrer beanspruchen.
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Jue.So Jürgen Sojka
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