20 000 Stuttgarter Unterschriften braucht die Initiative, dann muss der Gemeinderat das Bürgerbegehren prüfen. Ist es zulässig, wird ein Bürgerentscheid durchgeführt. "Sind Sie dafür, dass die Stadt Stuttgart im Rahmen ihrer rechtlichen Möglichkeiten konsequent und so schnell wie möglich die innerstädtische Fußgängerzone auf das gesamte Gebiet innerhalb des zukünftigen Cityrings ausweitet und dort zusätzliche Radwegeverbindungen einrichtet?", lautet die Fragestellung in dem Entwurf. Aktuell liegt das Papier bei der Stadt. Denn laut baden-württembergischer Gemeindeordnung muss jedes Bürgerbegehren einen Kostendeckungsvorschlag enthalten. Und dafür benötigt die Initiative Auskünfte der Verwaltung. "Unsere Vorschläge sind nicht teuer", sagt Luigi Pantisano. "Zunächst einmal geht es nur darum, an den Außengrenzen des Cityrings ein paar Schilder aufzustellen und innerhalb eine Menge Schilder abzureißen. Alles Weitere kann man dann gemeinsam mit den Bürgern planen."
In der Eberhardstraße steht ein Lieferwagen mindestens 20 Minuten mitten auf der Fahrradstraße. "Es ist längst elf Uhr vorbei, der darf hier gar nicht sein", ärgert sich Pantisano. Wir stehen inzwischen vor Breuninger in der Marktstraße, die demnächst zur Fußgängerzone werden soll. "Viele Straßen in der Innenstadt müssen in den kommenden Jahren altersbedingt sowieso erneuert werden, da kommt unsere Initiative gerade zur rechten Zeit", erklärt Ozasek auf dem Weg durch die Karlspassage ins neue Doretheenquartier.
Nur wer zahlt, darf im Dorotheenquartier sitzen
Heller Stein und Glas streben in die Höhe, Tische, Stühle und ein paar Pflänzchen stehen vor den Häusern, der Platz selbst ist kahl. "Keine einzige öffentliche Sitzgelegenheit. Wer sich hier hinsetzen will, muss bei den teuren Gastronomen mindestens etwas zu trinken bestellen", ärgert sich Luigi Pantisano. "Und Fahrradstellplätze gibt's auch keine", sekundiert Ozasek, "dafür Tesla." Eines der teuren Elektroautos steht zu Anschauungszwecken am Rande des Platzes. Der Showroom ist noch nicht fertig.
Der Verein Aufbruch Stuttgart, der sich Anfang des Jahres gegründet hat, um die "Stadtgestaltung durch Ideen und Impulse voranzubringen", warf Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne) zuletzt vor, keine Vision für seine Stadt zu haben und sich hinter dem ungeliebten Stuttgart 21 zu verstecken. Kuhn wiederum äußerte sich kürzlich in einem Interview mit der "Stuttgarter Zeitung" positiv zur Vision einer autofreien Innenstadt. Auf Anfrage bekennt er sich "im Grundsatz" zu der Idee. "Mehr Lebens- und Aufenthaltsqualität braucht weniger Autoverkehr", sagt er. Die Frage ist, ob die Stadt bereit ist, über solche Binsenweisheiten hinaus etwas zu unternehmen. Die beiden Initiativen jedenfalls planen gerade ein gemeinsames Treffen.
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Charlotte Rath
am 08.06.2017