Ex-Moderator Wieland Backes gibt die Gallionsfigur. Auf einen Gastbeitrag in der "Stuttgarter Zeitung", Mitte Dezember, folgten im Februar wöchentlich neue Ankündigungen, bis sich am 7. März der Verein gründete: Aufbruch Stuttgart! "Für die Stadt, von der wir träumen." Das klingt gut. Nur: Wer ist "wir"? Und: Träumen alle dasselbe? Wovon träumt der Verein?
"Es ist allenthalben zu greifen, Stuttgarts Bürger sehnen sich nach einem ambitionierten Zukunftsbild ihrer Stadt", schreibt Backes, der einst die SWR-Talkshow "Nachtcafé" mitbegründet hat und bis 2014 moderierte. Stuttgart brauche dringend eine Vorstellung, was es künftig sein wolle. Kunstmuseum und Hospitalhof seien rare Ausnahmen, denen "architektonische Katastrophen in Gestalt zweier Shopping-Malls" gegenüberstünden. Backes fährt fort: "Und die Wüstenei der S-21-Baustelle lässt die bange Frage aufkommen: Wie wird das hier wohl später einmal aussehen?"
Von solchen Fragen fühlten sich viele angesprochen, als der Ex-Fernseh-Moderator am 16. Februar im überfüllten Hospitalhof mit Cornelia Ewigleben, Chefin des Landesmuseums, dem Opernintendanten Jossi Wieler, dem Architekten Arno Lederer und dem früheren Ulmer Baubürgermeister Alexander Wetzig unter dem Titel "Von der PS-Meile zum lebendigen Kulturviertel" über die so genannte Kulturmeile diskutierte: also die Straßenschneise B 14, die seit den 1960er-Jahren die Stadt auseinanderdividiert.
Kulturengagiert, überparteilich und mit eigenen Interessen
Der Erfolg der Veranstaltung zeigt, wie sehr dieses Dauerthema vielen Stuttgartern unter den Nägeln brennt. Allerdings ist der Verein, gegründet nach eigenen Worten von "zwölf kulturengagierten Stuttgarter Bürgerinnen und Bürgern" als "unabhängige, überparteiliche und gemeinnützige Initiative, die den Visionen und Plänen für eine einladende, lebenswerte und menschengerechte Stadt eine Plattform gibt", nicht frei von eigenen Interessen.
Backes war von der Opernsanierung ausgegangen und hatte eine Interimsspielstätte zwischen Schauspielhaus und Schillerstraße angeregt, die später einmal als Konzerthaus dienen könne. Dies dürfte Felix Fischer, dem Managing Director des SWR Symphonieorchesters, das den Konzertsaal anschließend nutzen könnte, gefallen haben. Und natürlich dem Opernintendanten Jossi Wieler, der wie sein Kommunikationschef Thomas Koch ebenfalls zu den zwölf Aposteln des lebenswerten Stuttgart gehört. Denn die Oper möchte sich gern in Richtung Schillerstraße ausdehnen und ihre Interimsspielstätte in nächster Nähe behalten.
12 Kommentare verfügbar
Jupp
am 27.03.2017Jetzt haben wir es also wieder geschafft, von einem kleinen städtebaulichen Thema auf globale Missstände und Bankenbillionen etcpp zu kommen.
Super.
Nicht mal die Farbe einer einzigen Parkbank könnte man hier diskutieren ohne sofort in vorbeigekommene Grundsatzdiskussionen…