Soll die Region Stuttgart bis zum symbolträchtigen Jahr 2027 – 100 Jahre nach der Weißenhofsiedlung – eine Internationale Bauausstellung (IBA) abhalten? Die wichtigsten Themen umriss der Geschäftsführer der Wirtschaftsregion Stuttgart (WRS) Walter Rogg im April bei der Auftaktveranstaltung zum <link http: iba2027.region-stuttgart.de external-link-new-window>IBA-Plattformprozess in wenigen Sätzen: "Wir sind eine der reichsten Regionen Europas und der Welt und schaffen es nicht, bezahlbaren Wohnraum für alle bereitzustellen. Wir sind Weltmeister in der Produktion von Mobilitätsprodukten, aber wir schaffen es noch nicht, nachhaltige Mobilität in unserer Region in den Städten zu gewährleisten. Wir sind ein führender Standort der Umwelttechnologie und schaffen es bisher auch nicht, das Feinstaubproblem zu lösen."
Natürlich hofft die WRS auf wirtschaftliche Impulse der Bauausstellung. Dabei steht die Stuttgarter Wirtschaft beileibe nicht schlecht da. "Eine Krisen-Bauausstellung wird's bei uns nicht werden", kündigte Rogg an. Allerdings geht es bei einer IBA primär nicht um Wirtschaftsförderung, sondern um Architektur und Stadtplanung. Und auf diesem Gebiet ist die Stadt Stuttgart in den letzten zwei Jahrzehnten in die größte Krise ihrer Geschichte gestolpert: Mitten im Stadtzentrum die größte Baugrube aller Zeiten. Die Sünden der "autogerechten Stadt" der Nachkriegszeit nicht ansatzweise bewältigt. Nutzlose Shopping Malls, die sich gegenseitig und den verbliebenen Einzelhändlern das Wasser abgraben. Die halbe Innenstadt abgerissen und neu bebaut, ohne dass dabei ein einziges ansehnliches Bauwerk herausgekommen wäre.
Damit nicht genug, hat die Stadt selbst bei allen Fehlentwicklungen die treibende Rolle gespielt: Städtische Grundstücke und Wohnbauten der SWSG, ursprünglich gegründet, um auf städtischem Grund bezahlbare Wohnungen zu schaffen, wurden in großem Umfang verhökert. Nun gehen der Stadt die Grundstücke aus. Der Verkauf hat die Immobilienspekulation angeheizt. Wohnungsgesellschaften, Genossenschaften, private Vermieter: Alle spielen mit und wollen ganz schnell mehr verdienen. Mit der Folge, dass die Mieten für Normalverdiener immer unbezahlbarer werden und neu Zugezogene allenfalls weit außerhalb halbwegs erschwingliche Wohnungen finden.
Macht die IBA die Rosenstein-Bürgerbeteiligung hinfällig?
Aber die Stadt hat ja vor 15 Jahren das Gleisvorfeld des Bahnhofs gekauft - und verzichtet großherzig auf die Zinsen aus diesem stattlichen Kapital. Eben dort, im Rosensteinquartier, soll nun das Herz der IBA schlagen. Parallel läuft ein <link http: www.kontextwochenzeitung.de politik angst-vor-mitmachfalle-3630.html internal-link-new-window>Bürgerbeteiligungsverfahren, ebenfalls eifrig bemüht, das Filetstück der Stadtentwicklung als positive Chance zu verkaufen. Besorgte Fragen, ob die Bürger nicht ein weiteres Mal vor vollendete Tatsachen gestellt werden, hat Oberbürgermeister Fritz Kuhn zu beschwichtigen versucht: Die Ergebnisse beider Prozesse würden am Jahresende zusammengeführt. Vorher fielen keine Entscheidungen.
Noch ist nicht einmal sicher, ob das Gleisgebiet wirklich bebaut werden kann. Die <link http: www.kontextwochenzeitung.de politik rueckbau-mit-risiken-3838.html internal-link-new-window>Klage der Stuttgarter Netz AG (SNAG) gegen die Stilllegung hat das Verwaltungsgericht zwar zurückgewiesen. Aber die Netz AG ist in die Sprungrevision gegangen. Vor dem Bundesverwaltungsgericht stehen die Chancen besser. Die Panoramabahn, also die Strecke der Gäubahn im Talkessel, die ebenfalls zum Paket der Schienengrundstücke gehört, will sogar SSB-Technikvorstand Wolfgang Arnold erhalten.
Doch selbst bei vollständigem Erhalt aller oberirdischen Bahnlinien würden Flächen frei. Darauf haben die Kopfbahnhofanhänger immer hingewiesen. Allerdings scheint es angesichts des akuten Mangels an bezahlbaren Wohnungen fahrlässig, sich ganz auf ein Quartier zu kaprizieren. Der so genannte Neckarpark hinter dem Cannstatter Wasen befindet sich seit 2001 im Besitz der Stadt. Auch hier sollen rund 450 Wohnungen entstehen. Aber nach 15 Jahren ist davon immer noch nichts zu sehen.
2 Kommentare verfügbar
Marla
am 07.10.2016System21!
Es ist immer wieder frapierend -es ist tut meinem Verstand weh-, wenn Dinge/Sachen plötzlich personalisiert, heldisiert und emotionalisiert werden!!!
Die IBA schafft, die IBA tut, die IBA.....
Keine Fragen darüber, warum die, die in den letzten Jahrzehnten den Sch....…