Wo Glyphosat hinfällt, wächst kein Gras mehr. Das Totalherbizid tötet sämtliche Pflanzen.
Rund 65 Tonnen jährlich verspritzt der Staatskonzern, um Unkraut im Schotterbett der Gleise zu bekämpfen. Rund 33 500 Kilometer umfasst das DB-Schienennetz, "33 500 Kilometer voller Glyphosat, die sich wie eine Giftspur durch die ganze Bundesrepublik ziehen", heißt es in einer Petition von Aktivisten, die sich gegen diesen flächendeckenden Einsatz engagieren.
Auf einem Community-Forum hat die Bahn auf die Vorwürfe reagiert: "Die Vegetationskontrolle ist unverzichtbar für einen sicheren Bahnbetrieb. Der Gleisbetrieb muss frei von Bewuchs bleiben. Derzeit stellen weder thermische noch mechanische Verfahren eine Alternative zum begrenzten Einsatz von Herbiziden im Gleisbereich dar." In den vergangenen Jahren habe man mit flüssigem Stickstoff, Heißdampf, Hochfrequenzenergie oder elektrischen Energiefeldern experimentiert, aber: "Sie sind keine Alternative für Glyphosat. So dauert u. a. die Durcharbeit deutlich länger und die Energiebilanz ist schlechter", schreibt die Bahn. Und macht dann das, was sie immer macht, wenn es unangenehm für sie wird: Sie kündigt etwas an, sie verspricht etwas – bald werde man gemeinsam mit dem Bundesumweltministerium nach Alternativen forschen.
Und so geht die unselige staatlich unterstützte Spritzerei weiter. Die Giftzüge fahren unangekündigt durch das Land – vorbei an Schulen, Kindergärten, an Schrebergärten. Niemand wird vorab informiert, nicht einmal die Bahnmitarbeiter entlang der Bahnstrecken.
Ob dieser flächendeckende Herbizideinsatz konkrete Schädigungen provoziert? Man weiß es nicht. Man will es nicht wissen. Die Bahn jedenfalls vernichtet nach drei Jahren ihre Prüfberichte in Sachen Glyphosat.
Tempo 300 ist Ökofrevel
Wie unfähig es an der Bahnspitze zugeht, zeigt eine symbolische Momentaufnahme: Da verkündet die Bahn im Herbst 2018, sie werde in Zukunft auf die Höchstgeschwindigkeitszüge verzichten, mehr als 280 Kilometer Geschwindigkeit werde es nicht mehr geben – aus ökologischen Gründen. Eine weise Entscheidung.
Doch ein knappes halbes Jahr später lässt die Bahn wissen: Künftig sollen ICE-Züge mit Tempo 300 zwischen Hannover und Bielefeld verkehren. Dazu werde es eine neue Trasse entlang der A2 geben, wieder mal ein milliardenschwerer Neubau – für was? Tempo 300 ist Ökofrevel, von der Vernunft her heute nicht zu rechtfertigen: Ein so schnell dahinsausender ICE verbraucht zu viel Energie. Entschleunigung ist ein Muss.
"Gut fürs Klima – die Bahn", titelte vor Jahren einmal eine Anzeigenkampagne des Schienenkonzerns. Und man sah auf hübschen Bildern einen ICE 3 durch eine blühende Rapslandschaft rauschen. Wirklich klasse sah das aus, topökologisch wirkte es.
Aber es gab auch mal ein Interview, lang ist es her, mit Bahnchef Mehdorn. Der war natürlich sehr stolz auf diesen Zug, diesen Kraftprotz. Beim Anfahren verbraucht der Zug, erklärte Mehdorn, "so viel Strom wie ein Städtchen mit 5000 Einwohnern am ganzen Tag". Zwar hat Mehdorn in seinem Angeberstolz da ein wenig übertrieben, aber sein Vergleich zeigt plastisch, wie viel Energie extremer Hochgeschwindigkeitsverkehr verschlingt.
Zuerst muss der Zug mal Fahrt aufnehmen, also diese Stahlmasse in Bewegung bringen, beim ICE 3 ist es rund eine Tonne pro Sitzplatz. Riesig ist dann der Energieaufwand, um während der Fahrt ständig den Luftwiderstand zu überwinden. Der Verbrauch steigt überproportional mit der Geschwindigkeit. Jenseits von Tempo 200 pulverisiert sich die Öko-Bahn. Platt ausgedrückt: je schneller, desto blöder.
Die Bahn heizt mit Tunneln das Klima an
Die Bahn könnte umweltfreundlich sein. Aber sie ist es nicht. Der Münchner Verkehrsexperte Karlheinz Rößler findet das Eigenlob in dieser Hinsicht "heuchlerisch". Aber er denkt dabei nicht an die Glyphosat-Giftverspritzerei am Gleisbett, an Strom aus AKWs, sondern an einen Ökofrevel, den wohl nur Wenige auf dem Radarschirm haben: "Sobald Züge im Tunnel fahren", sagt er, "verliert das System Schienenverkehr seinen Umweltbonus gegenüber der Straße."
In den engen Tunneln ist der Luftwiderstand im Vergleich zu oberirdischen Strecken enorm. Bei zweigleisigen Tunneln steigt der Energieverbrauch um 50 Prozent, bei eingleisigen Tunnelröhren sogar um bis zu 100 Prozent.
15 Kommentare verfügbar
Goldfrosch
am 19.09.2019Der Ex-Feuerbächer leidet mit S21 mit, obwohl er schon 30 Jahre überzeugter Eidgenosse ist .
Grüße aus dem schönen St. Gallen
Dr. Hans-Karl Sturm