Vor 50 Jahren erkannten die Verantwortlichen des damaligen Energiekonzerns Badenwerk, dass der Atomkraftwerksstandort Breisach politisch nicht durchsetzbar war. Am 19. Juli 1973 wurde erstmals der neue Standort eines Atomkraftwerks in Wyhl am Kaiserstuhl bekannt. Dort scheiterten ab 1975 die Pläne, ein AKW zu bauen, am massiven Widerstand der örtlichen Bevölkerung.
Schon im Oktober 1955 wurde Franz Josef Strauß (CSU) zum Chef des neuen Ministeriums für Atomfragen ernannt. Dem ersten Atomminister ging es nicht nur um sogenannte friedliche Nutzung der Atomkraft. Er wollte die deutsche Atombombe. Als erstes deutsches Atomkraftwerk ging im Juni 1961 der Versuchsreaktor Kahl ans Netz. Für das 40 Kilometer nördlich von Stuttgart gelegene Neckarwestheim, wo bereits 1972 mit dem Bau eines Atomkraftwerks begonnen wurde, kam die in Wyhl ausgelöste Protestwelle zu spät. Doch auch hier haben sich in den letzten Jahrzehnten viele Menschen engagiert, und jetzt endet die Ära der Atomkraft auch in Baden-Württemberg.
Fast 50 Jahre nach Beginn der Wyhl-Proteste werden am 15. April 2023 endlich die drei letzten deutschen AKW Neckarwestheim-2, Emsland und Isar-2 abgeschaltet. Der Atommüll, der in etwas mehr als sechs Jahrzehnten entstand, strahlt aber noch eine Million Jahre und gefährdet 30.000 Generationen. Geschichtlich gesehen war und ist die Nutzung der Kernenergie zutiefst asozial. Die AKW-Stilllegung ist kein "Selbstzweck", sondern berechtigte Gefahrenabwehr. Leider umfasst der Atomausstieg nicht auch die Anlagen der Urananreicherung in Gronau und die Brennelementfertigung in Lingen.
Auch die Ökonomie spricht gegen die Atomkraft
Die Nutzung der Atomkraft in Deutschland war nicht erst seit den AKW-Wyhl-Protesten vor einem halben Jahrhundert heftig umstritten. Massive Proteste auch in Grohnde, Brokdorf, Wackersdorf und Gorleben haben die letzten Jahrzehnte in Deutschland geprägt. Und da war nicht nur das Wyhler "Nai hämmer gsait", das Nein der Umweltbewegung zur Atomkraft. Da war immer auch das Ja zu den umweltfreundlichen, kostengünstigen und nachhaltigen Energien, die von Atom-, Öl- und Kohlekonzernen und ihren Lobbyisten in der Politik massiv bekämpft wurden und immer noch bekämpft werden. Es ging in diesen Konflikten immer auch um das Energieerzeugungsmonopol der Konzerne.
Während in den ersten Jahrzehnten der Atomenergiedebatte "nur" die Aspekte des Umwelt- und Menschenschutzes auf Seiten der Umweltbewegung standen, ist es seit einigen Jahren auch die Ökonomie. Strom aus Wind und Sonne ist nicht nur umwelt- und menschenfreundlicher, sondern auch wesentlich kostengünstiger als Strom aus neuen AKW. Auch der ökonomische Niedergang der französischen Atomwirtschaft zeigt dies mehr als deutlich. Und wie heißt es? "It's the economy, stupid."
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