Als großer, seine Umgebung überragender Baukörper setzt die Heusteigschule einen markanten Akzent an einer bis heute seltsam uneindeutigen Stelle des Stuttgarter Stadtgebiets. Sie gehört weder zum Heusteig- noch zum Lehenviertel, das sich damals noch in der Entstehung befand. Sie liegt eher an der Grenze zwischen beiden Quartieren: dort, wo einmal der Fangelsbach zu Tal floss, dem Nesenbach zu, und die Heusteigstraße nach einem langen geraden Abschnitt einen Knick macht. Der Fangelsbach gab dem 1823 angelegten und mehrfach erweiterten Friedhof hinter der Schule und ursprünglich auch dieser selbst ihren Namen. Die Umgebung war seinerzeit, wie Theodor Fischer bemerkte, eine "wenig geordnete Häusermasse": zumeist niedrige Zweckbauten, unter denen die um 1860 entstandenen dreigeschossigen Eckbauten in der Römerstraße 20 und 23 und das 1899 erbaute fünfgeschossige Eckhaus Heusteigstraße 99 herausragten. Bis heute bleibt es ein uneinheitlicher Ort an der Nahtstelle zwischen den Quartieren. Schräg gegenüber ist vor kurzem erst das Areal eines ehemaligen Möbelhauses neu bebaut worden.
Format und Position des Schulhauses waren durch den Auftrag bestimmt. Die Fangelsbachschule war die zweite sogenannte Bürgerschule in Stuttgart, ging aber insofern noch über die erste hinaus, als in ihr nach manchen Bedenken eine Gemeinschaftsschule mit vier Volksschulklassen, vier Mädchen-Mittelschulklassen und 24 Bürgerschulklassen für Jungen eingerichtet wurde. Die Lage zwischen den Stadtteilen, wie im Fall der ersten Bürgerschule zwischen Stadtmitte, Hospitalviertel und Stuttgart-West, ist auf den großen Einzugsbereich zurückzuführen. Die Größe des Bauwerks wiederum erklärt sich durch die Anforderung, auf einem relativ engen Grundstück ein Schulhaus für 32 Klassen zu errichten. Am unteren Ende des Fangelsbachfriedhofs war ein schmaler Keil frei geblieben, an dessen breiterem Ende in Richtung Stadtmitte die provisorische Markuskirche stand. Dieser Platz an der Cottastraße stand nicht zur Verfügung, obwohl bald darauf am anderen Ende des Friedhofs eine neue Kirche gebaut wurde – allerdings erst nach Fertigstellung der Schule.
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Peter Stellwag
am 22.01.2019