Frau Stegmann, wir brauchen mehr Rabendenkerinnen, schreiben Sie in Ihrer Skizze zum Literatursommer der Baden-Württemberg-Stiftung 2018.
Rabendenkerinnen, lustig, als ich das jetzt nochmal gelesen habe, dachte ich, den Begriff würde ich nicht mehr verwenden.
Warum nicht? Provokationen regen zum Denken an.
Ich nehme damit Bezug auf die Literaturwissenschaftlerin Barbara Vinken und ihr Buch zum deutschen Muttermythos. Es gibt zum Beispiel im Französischen keinen vergleichbaren Begriff für Rabenmutter. Es ist wichtig, sich mit solch ideologisch gefärbten und historisch gewachsenen Konzepten von Weiblichkeit auseinanderzusetzen. Um aus dieser Diskussion herauszukommen, dass wir Mütter qua Biologie bestimmte soziale Merkmale haben, oder Kompetenzen und Fähigkeiten. Dass dieses scheinbar biologische Moment aber eine klar benennbare historische Geschichte hat, das verdeckt dieser Begriff der Rabenmutter oder des genuin Weiblichen immer wieder. Und damit haben wir heute noch oder wieder zu tun.
Und glücklicherweise mit Querdenkerinnen, die sich nicht mit vorgefertigten Schablonen zufriedengeben, diesen scheinbar biologisch erklärbaren Modellen von Weiblichkeit und Männlichkeit.
Rabendenken beinhaltet dieses Querdenken. Und das liegt auch der Reihe zugrunde, die wir für dieses Jahr planen: Amplituden – Wechselspannungen. Das heißt, wir wollen kreativ hineindenken in die herrschenden Konzepte von Weiblichkeit und Männlichkeit.
Der Literatursommer 2018 widmet sich den schreibenden Frauen. Das scheint Ihnen nicht genug zu sein.
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