Seit März ist es still geworden um die FDP im Land. Und um die FDP-Frauen, die wir beim Wahlbrunch auf der MS Raffaello besucht haben. Dabei war die Stimmung der Klunker-Amazonen vor der vergangenen Landtagswahl euphorisch, das Wahlergebnis ihrer Partei respektabel. Mit zwölf Sitzen zählt die FDP fünf mehr als in der vorigen Legislaturperiode. Der Liberale-Frauen-Knaller: Gabriele Reich-Gutjahr hat es als einzige geschafft, den Anker auszuwerfen. Seitdem sitzt sie mit Hans-Ulrich Rülke und seinen Boys Schulter an Schulter im neuen Landtag und macht Politik in der Opposition. So richtig will das aber niemand mitbekommen.
"Ich weiß auch nicht, warum die Presse nix über uns bringt, wir schreiben so viele Pressemitteilungen", erklärt die Business-Lady. Stattdessen stünde mit jedem Furz ständig die AfD in den Zeitungen. Der "Furz" kommt natürlich von Kontext. Sowas sagt eine Frau Reich-Gutjahr nicht. Viel zu viel drehe sich aber um die selbsternannte Alternative für Deutschland, deren Handling in den Medien bisweilen meist voyeuristischer Art sei.
Was das Handling ihrer männlichen Kollegen angeht, ist die 59-Jährige Vollprofi: "Ich hab' 25 Jahre Sozialisation bei Bosch hinter mir", erklärt die Unternehmerin. Seit 2008 berät sie zukünftige Gewinnertypen, wie man erfolgreich wird. In einem Online-Video erklärt sie, warum viele Vertriebsleute scheitern: Weil sie nicht wissen, wie ein "Sieger" oder ein "Topverkäufer" denkt. Reich-Gutjahr weiß das selbstverständlich.
Ihre Gewinnerinnen-Skills kann sie auf dem FDP-Sessel im Landtag gut gebrauchen. Denn Männer seien schon anders als Frauen. Beim Zuhören zum Beispiel. Da ist Reich-Gutjahr aufgefallen, dass die Typen das nicht so draufhätten - parteienübergreifend. "Wenn Frauen Vorschläge machen, hören viele Männer einfach nicht zu - und verkaufen den Vorschlag ein paar Wochen später als eigenen", erzählt die gebürtige Remstalerin. In den eigenen Reihen jedoch gehe es meist "fair und offen" zu. Klar sei der Herr Rülke ein anderer Typ Mensch als der Herr Glück zum Beispiel. Aber diese Charakterunterschiede gäbe es auch, wenn 50 Prozent Frauen in der Fraktion wären, meint Reich-Gutjahr. "Allein deshalb wäre die Partei keine bessere".
Ja, mit Feminismus und allem, was auch nur auf einem Nasenloch nach links riecht, ist mit FDP-Damen kein Blumentopf zu gewinnen. Dass nicht alle ihres eigenen Glückes Schmied sein können, will die taffe Reich-Gutjahr nicht verstehen. Wer sich genügend anstrenge, der könne nämlich was erreichen, egal aus welchen Verhältnissen er oder sie stamme. Wer sein Potential voll ausschöpfe, der müsse nicht jammern. Und wer jammert, hat halt sein Potential nicht voll ausgeschöpft. So einfach ist das.
Für die kommende Bundestagswahl haben es trotzdem nur sieben Frauen neben 30 Männern auf die FDP-Landesliste geschafft. Judith Skudelny, Renata Alt und Stefanie Knecht sind unter den Top 15 der erstplatzierten KandidatInnen. Womöglich hätten sich die anderen FDP-Frauen halt noch ein bisschen mehr anstrengen müssen.
1 Kommentar verfügbar
era
am 30.12.2016Jeder, der mal eines dieser Teambuildingevents oder Managerparcours mitgemacht hat, weiß es. Entweder kommen alle an, oder keiner. Einen, der es nicht so drauf hat, mitten im…