Die aufregendste Personalie bei der Bahn im Jahr 2016 heißt Ronald Pofalla. Wir erinnern uns: Im Sommer musste er wegen teurer Schreibgeräte in Deckung gehen. Als CDU-MdB hatten er zwischen 2006 und 2009 Montblanc-Luxus-Füller im Gesamtwert von 14 722,32 Euro geordert, wofür er die "Bürokostenpauschale" des Bundestags eingesetzt hat, die für normale Büroarbeiten vorgesehen ist. Aber sei's drum, er hat die Affäre ausgesessen, und war für höhere Aufgaben bereit. Am 14. Dezember berief ihn der DB-Aufsichtsrat zum Kronprinzen von Bahnchef Rüdiger Grube und Nachfolger von Vorstand Volker Kefer.
Das ist einmalig in der 181-jährigen Geschichte der Eisenbahn in Deutschland. Seit 1835 und bis Mitte der 1990er Jahre hatten die unterschiedlichen Gesellschaften (zuletzt Bundesbahn und Deutsche Bahn AG) in ihrem Top-Team immer auch Eisenbahner. Heute gibt es keinen einzigen davon im gesamten Vorstand. Bei Heinz Dürr, Hartmut Mehdorn und Rüdiger Grube wurde argumentiert, sie hätten zwar keine Fachkenntnisse, seien aber Leute mit ausgezeichneten Managementerfahrungen. Erworben bei Daimler.
Und nun also Pofalla, der weder das eine noch das andere hat. Dafür einen rüden Umgangston. Als Kanzleramtschef brüllte er 2011 den CDU-MdB Wolfgang Bosbach an, als dieser nicht parteikonform abstimmen wollte, mit: "Ich kann deine Fresse nicht mehr sehen". Als Bosbach darauf entgegnete, es gehe bei seinem angekündigten Nein zur Aufstockung des Eurorettungsfonds um eine Gewissenfrage, er, Pofalla, möge doch mal "ins Grundgesetz schauen", antwortete der grobschlächtige Politkommissar: "Lass mich mit so einer Scheiße in Ruhe". Doch irgendwie passt das auch wieder. Als Vorstand für Technik und Infrastruktur ist er verantwortlich für Stuttgart 21. Das verspricht Großes für den Umgang mit Steuergeldern: Gipskeuper statt Montblanc.
Auch die beiden anderen Personalien lassen die Augen eher tränen. Schon im Juni habe ich in Kontext geschrieben: "Kefer lächelt und schwächelt". Jetzt lächelt er sich noch bis zum 31. Dezember durch. Dann verlässt er das angeschlagene Schiff. Was, wie die FAZ orakelte, "gravierende" Folgen für Stuttgart 21 haben würde. Irgendwie ist das stimmig. Da Kefer alles über S 21 weiß, weiß er auch, warum er geht. Und sein Chef Grube bleibt mit seiner Rede vor Bahnmanagern in Erinnerung, denen er erzählt hat, er habe das Projekt nicht gewollt und "so nicht gemacht". Ein Glück, dass ihm kurz danach die "Stuttgarter Zeitung" zur Seite stand, und Grube verkünden ließ, selbstverständlich stehe er zum unterirdischen Bahnhof. Daraus kann man zwei Schlüsse ziehen: Der Mann will einerseits einen Freibrief für die Zeit danach, sollte Stuttgart 21 scheitern. Andererseits will er bei der Aufsichtsratssitzung am 30. Januar 2017 seinen Vertrag verlängert kriegen.
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Aufgewachter
am 09.01.2017https://aufgewachter.wordpress.com/2015/10/06/ohne-chip-zur-manipulation-der-abgaswerte-sieht-es-in-den-usa-so-aus/