Schließlich kündigte Koch an, man werde eine eigene Serviceabteilung aufbauen, die gebrauchte Gewehre modernisiere. Als Beispiele nannte er ein britisches Gewehr und das G 36 der Bundeswehr.
In seinem Finanzbericht ging Krönert auch auf die Schuldenlage ein: Die Finanzschulden seien "auf etwa gleichem Niveau" geblieben. 2020 lagen sie bei 242,7 Millionen, derzeit bei 243 Millionen Euro. Es drohe keine Pleite, man sei auf Wachstumskurs, und die Schulden habe man weitgehend bei Großaktionären. Die Geschäftsentwicklung in diesem Jahr sei anhaltend gut, Krönert rechnet mit einem Ergebnis leicht über dem Vorjahr.
Bei der anschließenden Fragerunde ließ der Aufsichtsratsvorsitzende Runte die Vorstände zunächst gut 100 Fragen der kritischen Aktionärinnen und Aktionäre beantworten. Darin ging es um Rüstungsexporte in EU, NATO, NATO-assoziierte und andere Staaten. Nahezu alle EU-Staaten erhielten Waffen aus Oberndorf. Unter den NATO-Staaten sei die Türkei eine Ausnahme. Das Land sei "kein nachhaltiger Partner für Heckler und Koch", versicherte Koch.
Lizenzen für den Waffennachbau an andere Staaten habe das Unternehmen in den Jahren 2020 und 2021 nicht vergeben. Auch die "National Rifle Association" in den USA habe keine Waffen oder Spenden erhalten. Allerdings schalte HK Anzeigen in Printmedien dieser mächtigen wie umstrittenen Waffenlobbyorganisation. Gefragt, wie hoch der Marktanteil von HK am zivilen Waffenmarkt in den USA sei, schätzte Koch diesen auf "ein Prozent".
Stellung nahm Koch zu den Waffen-Exporten seines Unternehmens nach Indien, Indonesien, Singapur und Südkorea. Alle seien von der Bundesregierung genehmigt. Diese Länder seien Bestandteil der Grüne-Länder-Strategie. Bei Indien habe es sich um die Lieferung von Maschinenpistolen für eine Spezialeinheit des Innenministeriums gehandelt. Das deutsche Innenministerium habe eine jahrzehntelange Partnerschaft mit dem Innenministerium Indiens.
Fragen zu Waffen für die französische Fremdenlegion oder britische Spezialkräfte, denen immer wieder Verstöße gegen die Menschenrechte vorgeworfen werden, wischte Koch mit dem Hinweis beiseite, dass diese Teil der regulären Armeen ihrer Staaten seien. Ähnliches galt für Waffen für die umstrittene Frontex-Mission der Europäischen Union.
Keine Beteiligung an Opfer-Fonds
Nach dem Mexiko-Massaker mit 42 ermordeten Studenten hatten HK-Kritiker einen Opferfonds vorgeschlagen, an dem die Oberndorfer Waffenhersteller sich beteiligen sollten. Eine solche Beteiligung sei "nicht vorgesehen", erteilte Koch dieser Forderung eine Absage.
Auch habe "HK nicht vor, eine Rüstungskonversion zu betreiben", erklärte Krönert auf eine entsprechende Frage: "Heckler und Koch ist ein wesentlicher Teil der Sicherheitsarchitektur der freiheitlich-demokratischen Staaten und stattet staatliche Sicherheitsorgane aus."
Schließlich ging es den Kritischen AktionärInnen um die Rolle des Firmen(mit)gründers Edmund Koch im zweiten Weltkrieg. Dieser hatte in einer NS-Panzerfaustfabrik mit vielen Zwangsarbeitern und KZ-Häftlingen als Werkleiter fungiert. Sein Unternehmen habe den Auftrag erteilt, Edmund Kochs und die gesamte Firmengeschichte zu untersuchen, so Koch.
Bei den Fragen der anderen Aktionäre ging es unter anderem um die Rolle des Aufsichtsratsmitglieds Nicolaus Bocklandt, dessen Lebenslauf und seine Beziehungen zum Hauptaktionär Nicolas Walewski. Kritische Fragen gab es auch zu finanziellen Beziehungen nach Panama. Die gäbe es, aber sie würden "ausschließlich die private Vermögensgestaltung" Bocklandts betreffen.
Jürgen Grässlin ist enttäuscht
Für die Kritischen AktionärInnen hat Jürgen Grässlin auf die Versammlung reagiert: "Bei H&K regiert eindimensionales Denken: Wir produzieren und exportieren Waffen – selbst an Staaten, die wie Indien, Indonesien und Südkorea die selbstgesetzte Grüne-Länder-Strategie konterkarieren – selbst an Militäreinheiten, die wie US-Spezialeinheiten und die französische Fremdenlegion mit H&K-Waffen schwere Menschenrechtsverletzungen begehen und völkerrechtswidrig intervenieren."
Ärgerlich findet der jahrzehntelange HK-Kritiker auch, dass die Firmen-Spitze eine Rüstungskonversion rundweg ablehnt: "Wer sollte als ethisch und moralisch gesinnter Aktionär Geld in so ein Unternehmen investieren?"
Grässlin hatte 2016 dem damaligen Chef Scheuch die Zusage abgerungen, der Vorstand werde die Teilnahme an einem Fonds für die Opfer von Schusswaffen "prüfen". Dass Scheuchs Nachfolger das nun glatt abgelehnt haben, zeige, dass die Firma "die massive Schuld am weltweiten Massenmorden mit H&K-Waffen" ignoriere. "Dass sich die H&K-Führung stattdessen mit einer Art Fonds um Soldatinnen und Soldaten kümmern will, die zu Schaden gekommen sind, ist blanker Zynismus." Grässlin sieht dabei die Gefahr, dass Täter zu Opfern verklärt und sogar finanziell unterstützt würden.
Einen Lichtblick sieht Grässlin im Eingeständnis, "dass der spätere H&K-Firmenmitbegründer Edmund Heckler in der Zeit des Naziregimes schwerste Menschenrechtsverletzungen begangen und den Tod zahlreicher Menschen im NS-Rüstungswerk HASAG (zu verantworten) hat".
Insgesamt aber ist Grässlin enttäuscht: "Mit diesem Vorstand und Aufsichtsrat bleibt die H&K AG ein träger und ignorant agierender Dinosaurier. Motto: viel Rüstung und Panzer, wenig innovatives Hirn. Achtung: Die Dinosaurier sind ausgestorben."
1 Kommentar verfügbar
Peter Nowak
am 14.09.2021Die Initiative Rheinmetall-Entwaffnen plant einen Aktionstag in Oberndorf mit Kundgebungen vor den Eingängen von Heckler und Koch.
Mehr Informationen gibt es hier:
https://rhei…