Vor Ostern hat Roland Hipp, der geschäftsführende Vorstand von Greenpeace in Deutschland, einen Brief geschrieben. Sie mögen doch "alles in ihrer Macht Stehende" tun, teilte er den Chefs deutscher Rüstungsunternehmen mit, um beim Kampf gegen die Pandemie mitzuhelfen. Dazu gehöre erstens ein umgehender Stopp aller Verkäufe von Waffen, Munition und anderen Rüstungsgütern an Staaten, die gegenwärtig in Konflikte verwickelt sind. Zweitens sollten sie doch ihre Anlagen sowie die Fähigkeiten ihres "hochqualifizierten Personals" nutzen, um Produkte und Dienstleistungen bereitzustellen, "die nun dringend gebraucht werden im Kampf gegen das Corona-Virus". Und drittens sollen sie Pläne für eine "nachhaltige Konversion" ihres Unternehmens entwerfen.
HK sieht sich an der Seite von Greenpeace
Die Antworten fielen unterschiedlich aus. Der Panzerbauer Krauss Maffei Wegmann aus München sowie Rheinmetall in Düsseldorf befanden knapp, sie hätten keine Probleme bei der Produktion und seien mit Aufträgen der Bundeswehr über Jahre ausgelastet. Bei Heckler und Koch hat man sich mehr Zeit genommen. "Sie sehen uns diesbezüglich vollständig an Ihrer Seite", schrieben die Vorstände Jens Bodo Koch und Björn Krönert, auch Heckler und Koch sehe "sein Wirken in dieser schwierigen Zeit in einem wichtigen gesellschaftlichen Kontext". Wie Greenpeace gehe es auch ihrem Unternehmen darum, die Menschen zu schützen. Allerdings nicht mit Desinfektionsmitteln oder Atemschutzgeräten.
Die "Geräte" von Heckler und Koch haben ein anderes Kaliber: Man liefere Pistolen an die Bundespolizei und die Polizei in Sachsen. Die Polizei erfülle "vorbildlich ihre Aufgabe dabei, die Maßnahmen zur Sicherung der Gesundheit der Bevölkerung umzusetzen", so die beiden HK-Chefs. Außerdem statte HK Frankreichs Streitkräfte mit neuen Sturmgewehren aus. "Gerade in diesen schwierigen Zeiten erweisen sich gut ausgerüstete Sicherheits- und Krisenvorsorgekräfte in Demokratien als unverzichtbar."
Weiter erläutern die beiden: "Welche Folgen es hat, wenn Frieden und Freiheit, Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit, Toleranz und Solidarität nicht gewährleistet sind, das bekommen die Menschen in repressiven Staaten nicht nur, aber leider auch in der derzeitigen Pandemie-Krise zu spüren, zum Beispiel auf den Philippinen oder Brasilien". Auch dabei stehe Heckler und Koch "im Grunde" an der Seite von Greenpeace, denn man beliefere "keine repressiven Staaten, sondern freiheitliche Demokratien, die unsere Werte teilen". Wie in Kontext berichtet, nennt das HK die "Grüne-Länder-Strategie".
Auf die konkreten Forderungen von Greenpeace, statt Waffen Waren zur Bekämpfung der Pandemie herzustellen, gehen Koch und Kroenert in ihrem Brief nicht ein. Allerdings, so HK-Sprecher Marco Seliger zur "Neuen Rottweiler Zeitung", habe sich sein Unternehmen an den Spezialisten für Atemschutz- und Beatmungsgeräte, die Drägerwerke in Lübeck, gewandt und gefragt, "ob wir helfen können". Da Dräger aber sehr viele ähnliche Angebote deutscher Unternehmen erhalten habe, sei die Offerte aus Oberndorf nicht angenommen worden.
Bei der Grüne-Länder-Strategie ist Vorsicht geboten
Auf Nachfrage begrüßt Ildiko Mannsperger, die Medienkoordinatorin Frieden von Greenpeace Deutschland, die "Dialogbereitschaft" des Schwarzwälder Waffenfabrikanten, und will das Angebot eines zukünftigen Austausches "gerne annehmen." Angesichts der letzten Rüstungsexportskandale werde die Firma allerdings mit kritischer Vorsicht betrachtet. So wurden auch frühere Zusagen zum Gespräch nicht eingehalten.
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