Mindestens achtzehn große Rüstungsbetriebe und zahlreiche weitere Zulieferbetriebe machen das Gebiet um den Bodensee zu Europas dichtester Rüstungsregion. Mit Kriegswaffen und Rüstungsgütern aus Deutschland, der Schweiz und in begrenztem Umfang auch aus Österreich werden Kriege und Bürgerkriege im Nahen und Mittleren Osten sowie in Asien und Afrika befeuert. Laut Berechnungen des Stockholmer Friedensforschungsinstituts SIPRI rangiert Deutschland auf Platz vier, die Schweiz auf Platz 13 der Großwaffenexporteure weltweit. Unzählige Menschen haben auf den Schlachtfeldern der Welt ihr Leben verloren durch den Einsatz von Kriegswaffen oder durch deren Bestandteile von ATM, Diehl, Airbus, MTU sowie von Radpanzern von General Dynamics (Mowag) – und vielen weiteren Rüstungsbetrieben rund um den See.
Ein Beispiel auf der deutschen Seite des Bodensees ist ATM Computersysteme in Konstanz. In der "wehrtechnik" (1. Quartal 2019) wirbt ATM Tec-Knowledge damit, dass die Computer- und Serversysteme der ATM "speziell für anspruchsvolle Tätigkeiten unter feuchten und staubigen Umweltbedingungen entwickelt" sind. "Vom Shelter bis hin zum Einsatz auf Schiffen garantiert die moderne Computerarchitektur zuverlässige Performance in jeder Situation" – gemeint ist wohl: in jeder Kriegssituation.
Eines der Waffensysteme, in dem ATM-Elektronik weltweit zum todbringenden Kampfeinsatz kommt, ist der Panzer Leopard 2. Die Version A7+ enthält den Bordcomputer Centurion von ATM aus Konstanz. Die Motoren stammen von MTU aus Friedrichshafen und das Getriebe von ZF-Friedrichshafen. Zur Erinnerung: Leopard-2-Panzer wurden seitens der türkischen Streitkräfte bei der Intervention in Afrin im März 2018 gegen Kurdinnen und Kurden eingesetzt. Diese Militärintervention war nicht nur moralisch verwerflich, sie war auch völkerrechtswidrig.
ATM gehört zur Unternehmensgruppe Krauss-Maffei Wegmann (KMW) in München und Kassel. Aufgrund seiner exorbitant gesteigerten Kriegswaffenexporte von 1,086 Milliarden US-Dollar (2016) auf 1,750 Milliarden US-Dollar (2017) katapultierte Krauss-Maffei Wegmann innerhalb von einem Jahr von Patz 80 auf Platz 56 des Top-100-Rankings bei SIPRI.
Airbus Defence and Space in Immenstaad
Das Tankflugzeug A330MRTT enthält Elektronik von Airbus (vormals EADS) aus Immenstaad. Erst vor wenigen Tagen musste die Bundesregierung eingestehen, dass – neben Eurofighter Typhoon-Kampfflugzeugen und Tornado-Kampfflugzeugen gleichsam von Airbus Defence – seitens der Saudi Royal Air Force auch A330MRTT zur Luftbetankung im Krieg im Jemen eingesetzt werden. Die Airbus Group rangiert seit Jahren auf Platz sieben der weltweit führenden Exporteure von Großwaffensystemen mit zuletzt Kriegswaffenexporten von rund 11,3 Milliarden US-Dollar (2017).
Doch auch auf der Schweizer Seite des Bodensees sitzen weltweit führende rüstungsexportierende Konzerne. Etwa der größte Schweizer Rüstungskonzern RUAG, der laut SIPRI weltweit auf Platz 95 eingestuft wird. Im Jahr 2017 verkaufte RUAG weltweit Kriegswaffen im Wert von 870 Millionen US-Dollar - 2016 waren es noch Waffen im Volumen von 824 Millionen US-Dollar gewesen. In Kreuzlingen sitzt General Dynamics, European Land Systems-Mowag (GDELS), früher Mowag, abgekürzt aus "Motorwagen-AG". Üblicherweise werden Radpanzer in den Kreuzlinger Hallen präsentiert. De facto aber sind sie weltweit im Einsatz, unter anderem befinden sie sich Besitz der Terrororganisationen Islamischer Staat und Boko Haram in Nigeria. "Radpanzer vom Bodensee bringen den Tod nach Afrika, Asien und in arabische Länder", analysiert der gemeinnützige Verein "Keine Waffen vom Bodensee".
1 Kommentar verfügbar
E Wolfram
am 05.05.2019