Vorstandsvorsitzender der Südwest LB war, noch bis in die ersten Jahre der LBBW, Werner Schmidt. Er wechselte dann zur Bayern LB, wo er 2008 nach Fehlspekulationen zurücktreten musste. Dabei geht es um Hypothekendarlehen an unsichere Kantonisten. Schmidt wurde aufgrund des Verdachts auf Untreue angeklagt und schließlich 2014 wegen Bestechung zu anderthalb Jahren Haft auf Bewährung verurteilt. Der Untreue-Vorwurf wurde nicht weiter verfolgt, nachdem Schmidt sich zu einer Zahlung von 100 000 Euro bereit erklärt hatte.
Auch die LBBW spekulierte mit Immobilien, Schrott-Immobilien besser gesagt. Und sie übernahm 2007 die Sachsen LB, die sich auf dem amerikanischen Immobilienmarkt gewaltig verspekuliert hatte. Auch Schmidts Nach-Nachfolger Siegfried Jaschinski, Historiker, musste sich vor Gericht verantworten: wegen Bilanzverschleierung. 240 Finanzbeamte hatten sich im Dezember 2009 Zugang zu den LBBW-Räumlichkeiten verschafft, um wegen Untreue zu ermitteln. Der Vorwurf wurde auch in diesem Fall fallen gelassen, gegen eine Zahlung von 50 000 Euro an gemeinnützige Einrichtungen. Nicht weiter schlimm für einen, der nach seinem Rücktritt ab 2010 ein Ruhestandsgehalt von jährlich 300 000 Euro überwiesen bekam.
Weniger gut erging es seiner Bank. Nach Milliardenverlusten mussten die Eigner, also das Land, der Sparkassenverband und die Stadt Stuttgart, dem Patienten mit einer "Kapitalspritze" von fünf Milliarden Euro wieder auf die Beine helfen, wie es damals in den Presseberichten hieß, zuzüglich einer Risikobürgschaft über 12,7 Milliarden. Weil es fünf Jahre später wieder besser lief – und vielleicht auch um den Negativ-Nachrichten rund um den Prozess ein positiveres Bild entgegenzusetzen – zahlte die Bank 2014 eine Milliarde an die Eigner zurück. Eigentlich hätte sie aber alle fünf Milliarden zurückerstatten sollen.
Banken-Rettung ohne Geld-zurück-Garantie
Auf die Frage, was daraus geworden sei, antwortet die Pressestelle der Stadt: "Es ist richtig, dass die damals erhoffte Rückzahlung dieser Kapitaleinlage bislang nicht möglich war. Allerdings hat die Bank 2014 stille Einlagen in der Höhe von 189 Mio. EUR an die LHS (Landeshauptstadt, die Red.) zurückgezahlt." Es handelt sich um den städtischen Anteil an der rückerstatteten Milliarde.
Beim Land ist es etwas komplizierter: "Im Zusammenhang mit der notwendigen Kapitalerhöhung der LBBW wurde im Juni 2009 die Landesbeteiligungen Baden-Württemberg GmbH (LBT) gegründet", antwortet das Finanzministerium. "Sie erbrachte den Anteil des Landes an der Kapitalerhöhung, das waren rund zwei Milliarden Euro. Dafür erwarb sie Anteile an der LBBW." SPD-Fraktionsvorsitzender Claus Schmiedel sprach damals von einem Schattenhaushalt, Winfried Kretschmann, seinerzeit noch nicht Ministerpräsident, vom "bei weitem größten finanziellen Risiko" seit Gründung des Landes.
Die LBT erhält seither Ausschüttungen aus den Gewinnen der LBBW – bis 2018 insgesamt 593 Millionen Euro – die allerdings ihren eigenen Zinsaufwand nicht decken. Das Land musste daher im selben Zeitraum 540 Millionen zuschießen. Aus Steuermitteln. Von einer Rückzahlung der Kapitaleinlage spricht niemand mehr.
Dafür wissen die 18 000 Mieter der früheren Landesentwicklungsgesellschaft (LEG), ursprünglich ins Leben gerufen zur Schaffung bezahlbaren Wohnraums für Familien, in vielen Fällen nicht mehr, wie sie noch ihre Miete bezahlen sollen. Die LEG war 2007, also kurz vor der Finanzkrise, in eine Tochter der LBBW umgewandelt worden. Von dieser Tochter musste sich die LBBW dann im Zuge der Kapitalaufstockung trennen: auf Anordnung der EU-Kommission. Sie ging an das Patrizia-Konsortium und dann an die Deutsche Annington, die sich seit 2015 Vonovia nennt und die Mieter auspresst, bis nichts mehr zu holen ist.
Die Bahnreform war eine Privatisierung öffentlichen Eigentums. Aber auch die Stadt und das Land haben in den letzten 25 Jahren Unmassen an öffentlichem Eigentum in private Taschen gelenkt: unter anderem durch den Verkauf von Immobilien und die "Kapitalspritze" für die LBBW. Eine Hand wäscht die andere, sagt man. Die Bank gibt Kredite an Kommunen und Land. Und im Aufsichtsrat sitzen derzeit die Finanzministerin des Landes und der Oberbürgermeister der Stadt Stuttgart. Ein Geben und Nehmen: bis 2007 scheinbar ein Erfolgsmodell. Bis die Blase platzte. Mieter und Steuerzahler zahlen die Zeche.
5 Kommentare verfügbar
Schwa be
am 23.04.2019Dennoch bleibt aus meiner Sicht der vorrangige, mindestens jedoch gegenüber von Immobilieninteressen gleichrangige, Grund für die radikale Durchsetzung des Tiefbahnhofs der (m.E. gesetzeswidrige) Rückbau der…