Zuhause im Schwabenland ging die Rechnung der Warbanoffs trotzdem nicht auf. Die überraschende Pleite, zweieinhalb Jahre nach Spatenstich, ließ nicht nur den Anleihe-Kurs in den Keller sausen. Sie schlug auch wie eine Bombe im Fellbacher Rathaus ein. Über Nacht wandelten sich die hochfliegenden Hoffnungen mancher Lokalpolitiker, mit Deutschlands dritthöchstem Wohnturm endlich aus dem Schatten der großen Landeshauptstadt treten zu können, zum Albtraum. Der Turmbau zu Fellbach liegt nun in den Händen eines Insolvenzverwalters.
Am 9. September hatten die Warbanoffs noch mit der lokalen Prominenz Richtfest gefeiert. Bei Maultaschen und Trollinger deutete nichts darauf hin, dass den Bauträgern wenige Tage später das Geld ausgehen und die schwäbische Baufirma Baresel AG überstürzt den gigantischen Außenkran demontieren würde. Ein Umstand, den klagefreudige Kanzleien an die Adresse von geschädigten Anlegern bereits als mögliche Insolvenzverschleppung interpretieren.
"Im schlimmsten Fall bekommen wir wenigstens Deutschlands höchste Bauruine", kommentierte ein Leserbriefschreiber im Lokalblatt die dramatischen Entwicklungen, denen Fellbachs Oberbürgermeisterin nur hilflos zuschauen kann. Wie die Öffentlichkeit habe man die jüngsten Ereignisse rund um den GEWA-Tower "überrascht zur Kenntnis genommen", ließ Zull via Presseaussendung wissen. Man werde alles tun, das weitere Verfahren intensiv und konstruktiv zu begleiten und zu unterstützen. Allerdings seien die Handlungsmöglichkeiten bei einem solchen rein privaten Bauvorhaben "naturgemäß begrenzt". Ende der Durchsage.
CDU und Freie Wähler wollten den Turm unbedingt
Die Rathauschefin hat nun auszubaden, was ihr die konservative Mehrheit im Fellbacher Gemeinderat am 13. Mai 2014 mit einem umstrittenen Baubeschluss für den Wohnturm eingebrockt hat. Während in anderen Remstal-Gemeinden das bürgerliche Lager gegen weitaus schlankere Windräder wütend auf die Barrikaden geht, wie etwa der Ex-Fußballnationalspieler und CDU-Gemeinderat Hansi Müller im benachbarten Korb (<link http: www.kontextwochenzeitung.de gesellschaft hansi-mueller-und-die-windkraft-verschwoerer-3303.html internal-link-new-window>Kontext berichtete), wollte eine große Koalition aus Christdemokraten und Freien Wählern in Fellbach unbedingt hoch hinaus. "Wir haben im Gemeinderat den Weg für den Turm freigemacht", gibt der CDU-Fraktionschef Hans-Ulrich Spieth heute unumwunden zu: "Wir wollten ihn als markanten, weithin sichtbaren Stadteingang." Leichtfertig sei man nicht gewesen. "Die Bonität von Finanzierung und Projektierer haben Banken bescheinigt", bekräftigt der Konrektor im Ruhestand.
Anders Sozialdemokraten und Grüne, die damals gegen das neue Wahrzeichen stimmten. "Der Turm ist viel zu groß für Fellbach", betonte Agata Ilmurzynska, die Fraktionschefin der Grünen, und sagte Nein. Auch aus der Sorge um das soziale Gefüge der Stadt. Schließlich grenze der Turm an ein Wohngebiet, in dem weniger Betuchte leben. In den dreistöckigen Mehrfamilienhäusern konnten sich selbst Arbeiterfamilien Wohneigentum leisten. Im Laufe der Zeit stieg der Anteil von Bewohnern mit Migrationshintergrund überproportional an.
In ganz anderem Umfeld bewegen sich die potenziellen Bewohner des GEWA-Towers. Das lassen schon die Kaufpreise der Wohnungen erahnen. "Wir haben bereits beim Verkauf vom Plan weg einen Spitzenpreis von bis zu 7800 Euro pro Quadratmeter erzielt", sagt Immobilienmakler Wolfgang Langer vom Waiblinger Engel & Völkers-Büro, das die exklusiven Apartments bislang vermarktete. Der Kaufpreis liege je nach Höhe im Turm zwischen dreißig und achtzig Prozent über dem bisherigen örtlichen Vergleichsniveau, erläutert der Experte, "wobei es für den Tower eben gar keinen Vergleich gibt." Was nicht abschreckte: Bis zur Insolvenz des Bauträgers waren bereits 45 Wohnungen verkauft. Das bislang teuerste Wolkenkratzer-Heim, eine Wohnung mit über 200 Quadratmetern oberhalb des 20. Stockwerks, ging für knapp 1,64 Millionen über den Tisch.
Was jetzt noch zu haben ist, rangiert ausschließlich im gehobenen Preissegment. Neun Wohnungen zwischen der 22. und 31. Etage sind ab 995 000 Euro käuflich, so die Ansage im Internet. Der teuerste Ausblick nach Stuttgart und übers Remstal ist von der obersten Maisonette-Wohnung aus möglich, deren sechs Zimmer sich von der 31. bis zur 33. Etage erstrecken. Die knapp 460 Quadratmeter Wohnfläche rund hundert Meter über Straßenniveau sind für 3,5 Millionen Euro im Angebot.
4 Kommentare verfügbar
Jupp
am 30.11.2016Ich würde niemals so wohnen wollen.
Ich finde es aber prima, wenn die Reichen so wohnen wollen.
Wegen mir alle zusammen in einem 800m-Tower am…