Zwei Stunden hatte Saney Zeit, seinen Anwalt ans Telefon zu bekommen, dann kam er in die Abschiebehaftanstalt nach Pforzheim. Babette Ulmers Tochter Katinka und eine Freundin fuhren sofort hin. Das Gefängnispersonal war entgegenkommend und über viele Umwege schaffte es Babette Ulmer, eine Familie in Vicenza zu finden, die bereit war Saney aufzunehmen. Nun steht im Februar seine zweite Anhörung auf Sizilien bevor.
Im Kontakt mit dem italienischen Anwalt versucht Ulmer alle Hebel in Bewegung zu setzen, damit er bleiben kann. Denn zurück nach Gambia zu müssen, wäre für den Mann fatal. Der Tyrann Jammeh nimmt ganze Familien in Sippenhaft. Seine Agenten sind überall. Deshalb haben Gambier auch in Deutschland große Angst vor der Veröffentlichung ihrer Namen und Bilder: Sie haben Angst um ihre Angehörigen.
Kebba ist nicht zum Geldverdienen nach Deutschland gekommen. Er will studieren, Fachkenntnisse erwerben, die er wie andere Gambier gern seinem Land zur Verfügung stellen möchte. Nach der Präsidentenwahl am 1. Dezember könnte alles ganz anders aussehen. Kebba wohnt inzwischen in Aichwald. Als Ulmer vorschlug, die Wohnungen einer ehemaligen Obdachlosen-Unterkunft, die abgerissen werden sollte, den Flüchtlingen zur Verfügung zu stellen, stimmten der Bürgermeister und der gesamte Gemeinderat zu.
Die Gambier, die an den Aufführungen der United Unicorns mitwirken und in den Esslinger Kultureinrichtungen arbeiten, bieten nicht nur ein Musterbild gelungener Integration. Sie helfen auch Geflüchteten aus anderen Ländern, sich zu integrieren. Babette Ulmer kann nur hoffen, dass nicht noch mehr Geflüchtete aus ihrem Programm abgeschoben werden. Die Unicorns werden an der landesweiten Gambia-Woche des Flüchtlingsrats Baden-Württemberg teilnehmen. Am 1. Dezember um 12.30 Uhr werden sie in Esslingen mit Gesang und Trommeln den Akrobaten Matias Urroz und Katinka Ulmer verabschieden. Sie fahren nach Vicenza, zu Saney, um eine italienische United-Unicorns-Gruppe zu gründen.
Info:
Die Woche vom 3. bis 10. Dezember – dem Tag der Menschenrechte – hat der Flüchtlingsrat Baden-Württemberg zur Gambia-Aktionswoche erklärt. An rund 50 Orten sind Veranstaltungen geplant. Nach Syrern sind Gambier die zweitgrößte Flüchtlingsgruppe in Baden-Württemberg. Ihre Chance auf Anerkennung ist außerordentlich gering – auch in Italien, dem Erstankunftsland der meisten Geflohenen.
Omar erzählt
Im September 2015 haben wir den Gambier Omar in einem Flüchtlingswohnheim in Müllheim bei Freiburg getroffen. In seiner Heimat war er Sozialarbeiter. Als er begann, für eine demokratische Partei Wahlkampf zu machen, begann die Jagd auf ihn und seine Familie.
1 Kommentar verfügbar
Fritz
am 30.11.2016"Erwünscht" sind die, die aus Kriegsländern und Konfliktzonen kommen, die die USA massgeblich vom Zaun gebrochen haben. Da achtet man ganz bewusst nicht darauf, WER alles ins Land darf. (Selbst wenn man es schon weiss.)
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