Dabei fassen die Institute ihre Risiken etwa aus Krediten für Immobilien, Schiffsfinanzierungen, aus Devisengeschäften oder Anleihen zu einem Paket zusammen und formen daraus ein börsenfähiges (handelbares) Wertpapier. Oft decken Versicherungen diese Risiken durch Kreditausfall-Versicherungen ab, woraus die Assekuranzen ihrerseits Wertpapierpakete schnüren. Da die Gier und Fantasie der Berufsspekulanten grenzenlos ist, entstehen international durch dieses "Hedgen" immer neue Risikostufen und -formen. Solche "Asset Backed Securities" (ABS), welche die LBBW offenbar zuhauf erwarb, nahmen bis zum großen Crash 2008 kein Ende. Jedes Risiko wurde als Quelle des Profits und Chance angepriesen – bis der kapitalistische Traum vom risikofreien Spekulieren mit Wertpapieren zum Albtraum geriet.
Heute muss sich die LBBW fragen lassen, wer ihren milliardenschweren Spekulationsmüll kaufen soll, den nicht mal die Mafia mit der Beißzange anpackt? Sind die Geschäftspartner etwa Herren vom Schlag jener Hedgefonds, gegen die Argentinien just einen – erfolglosen – Kampf führt? Vor zehn Jahren gaben die "Geier-Fonds", wie die Kirchner-Regierung sie heute beschimpft, Buenos Aires Milliarden für ihre wertlos gewordene Staatsanleihe. Es war ein faustischer Pakt. Dieser Kredit verstieß massiv gegen die Regeln des internationalen Finanzmarkts. Argentinien war und ist das einzige Land des Westens, das sich weigert, seine Staatsanleihen zurückzukaufen. Nun fordern die Hedgefond-Jäger ihre volle Beute, und Buenos Aires lernt dadurch wie Porsche und andere, wie das Geschäftsmodell der Profiteure wirklich funktioniert: Zu deren Strategie zählt neben der zerstörerisch-hemmungslosen Spekulation auch der Gang vor US-Gerichte mit Milliardenklagen. Sollte es im Fall der LBBW eines Tages zum Streit vor (US-)Gerichten mit Hedgefonds kommen, dann würden wackeren Schwaben aussehen wie ein Häuflein Amateure in einer Boxarena gegen Weltklasse-Champions. Wo Kuhn, Föll und Vetter also die Zuversicht auf Gewinne hernehmen, bleibt ihr Geheimnis.
Hoher Verlust an Glaubwürdigkeit
So düster-nebelhaft wie die ökonomischen Aspekte sind, so undemokratisch und rücksichtslos ist der Umgang mit den Gemeinderäten. Sie stehen für den Souverän, das Volk. Das wichtigtuerische Gehabe der Eliten in Stadt und Bank mit Insiderwissen und Volksvertretern, die zwar im Schweinsgalopp entscheiden, aber möglichst wenig wissen dürfen, empört. Es erstaunt, wie das Stadtoberhaupt Fritz Kuhn, ein Grünen-Politiker, mit den demokratischen Werten Transparenz und Gleichbehandlung der Beteiligten umspringt. Vieles erinnert an den autoritären Führungsstil früherer "wirtschaftsnaher" Politiker wie Kuhn-Vorgänger Wolfgang Schuster (CDU) oder Ex-Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU). Ersterer verhökerte, unvergessen, Stuttgarts Wasserrechte aufgrund eines opulenten Vertragswerks, weitgehend in Englisch nach US-Recht, dessen Inhalt selbst Schuster nicht verstand. Mappus erwarb den heimischen Energieriesen EnBW in einer Nacht-und-Nebel-Aktion, flott vorbei an den meisten Mitgliedern seiner Regierung wie des Landesparlaments. Bei diesen schlechten Erfahrungen mit überfallartigen Methoden erstaunt es umso mehr, dass Stuttgarts Stadträte wehrlos ohne Gegenstimme dem Ansinnen nachgaben. Selbst wenn ein Verkauf der Schrottpapiere Gewinne abwerfen sollte, dann besteht der hohe Verlust an demokratischer Glaubwürdigkeit weiter.
Ulrich Viehöver, gelernter Buchhändler und Diplom-Betriebswirt, war Journalist bei den "Stuttgarter Nachrichten", der "Wirtschaftswoche" und beim "Focus". Seit 2000 selbstständiger Wirtschaftsjournalist in Stuttgart, Buchautor, Redaktionsberater und Ausbilder.
8 Kommentare verfügbar
Peter S.
am 20.08.2014Hier eine gute…