Den Synthesizer-Laden gibt es nicht mehr, aber der Konzertkeller Stromraum hat sich immer mehr zur ersten Adresse experimenteller improvisierter Musik in Stuttgart entwickelt, mit auf ihrem jeweiligen Gebiet führenden Musikern wie dem New Yorker Gitarristen Elliott Sharp, dem libanesischen Trompeter Mazen Kerbaj oder dem niederländischen Stimmkünstler Jaap Blonk. Für Eckhart Holzboog besteht die spezielle Kunst darin, erstklassige Musiker einzuladen, die nicht allzu bekannt sind, denn wenn etwa der einige Jahre in Stuttgart ansässige Avantgarde-Gitarrist Fred Frith kommt, platzt der Keller aus allen Nähten.
Ähnliches gilt auch für Peter Granser. Vernissage-Rummel kann er nicht brauchen. Und Klang spielt bei ihm, von der ersten Ausstellung an, eine Rolle. Eine kleine Serie im Ito heißt "Ein Abend für 10": Eine Musikerin oder ein Musiker spielt für zehn eingeladene Gäste. Derzeit stehen aber weder im Ito noch im Stromraum Konzerte an, erst im Oktober geht es dort weiter. Dafür gibt es am 12. Juli die einzige jährliche Veranstaltung, die auch für ein etwas größeres Publikum geeignet ist: das 20. Cannstatter Hinterhofkonzert.
Seit 1999 gibt es die Reihe, ins Leben gerufen von Dirk Altmann, Wieland Kleinbub und Musikern aus dem Umkreis des SWR-Sinfonieorchesters, die in Cannstatt wohnen, und seit 2010 finden die Hinterhofkonzerte im Hof des Frommann-Holzboog-Verlags statt. Gespielt wird überwiegend klassische Musik, aber auch Klezmer oder Jazz. Ursprünglich als Angebot für die Nachbarschaft gedacht, sind die Konzerte für alle offen. Einzige Bedingung: Einen Stuhl muss jeder selbst mitbringen.
Und schon acht Tage danach bietet sich die nächste Gelegenheit: Am zehnten Cannstatter Kulturmenü – eine Initiative des Galeristen Horst Merkle – ist der Hinterhof am 20. Juli mit zwei Konzerten beteiligt: Um 18 Uhr spielt das Chanson-Jazz-Quartett "Les braves cons", um 22 Uhr die Jazzband "Corroded Gangway" um den Trompeter Theo Altmann, den Sohn des Hinterhofkonzert-Organisators Dirk Altmann.
Neben dem Projektraum ist ein Juwel versteckt
Und dann gibt es noch ein besonders Juwel: einen versteckten Raum, der auf den ersten Blick gar nicht zu sehen ist. Neben der Remise, nur durch einen sehr engen Durchgang zugänglich, ist bis zum Zaun des Nachbargrundstücks noch ein schmaler Zwickel übrig geblieben, der sich jedoch nach hinten weitet. Dort hat der japanische Künstler Hideaki Idetsuki mit Architekturstudenten der Universität Stuttgart auf Einladung von Granser einen kleinen, sehr japanischen Gartenpavillon gebaut.
Als Granser und Theil 2013 in Japan unterwegs waren, entdeckten sie im Dorf Kamiyama auf der zweiten südlichen Hauptinsel Shikoku mitten im Wald eine kleine Bibliothek. Die hatte Idetsuki während eines Stipendienaufenthalts im Vorjahr gebaut: für die Dorfbewohner, von denen jeder einen Schlüssel bekam, der Bücher stiftete. Granser lud den Künstler ein, der – was er zu diesem Zeitpunkt nicht wusste – zwölf Jahre zuvor bereits als Stipendiat der Akademie Schloss Solitude in Stuttgart gewesen war. Wer will und das Vertrauen von Theil und Granser genießt, kann sich nun nach Absprache in den abgeschiedenen Gartenpavillon zurückziehen.
Info:
Die Ausstellung von Rikuo Ueda im Ito läuft bis 20. September und kann freitags von 13 bis 18 Uhr besichtigt werden oder nach Anmeldung unter info--nospam@ito-raum.de. Das Hinterhofkonzert am 12. Juli beginnt um 20 Uhr. Näheres zum Cannstatter Kulturmenü gibt es hier und zum Stromraum hier.
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