Vor dem "Kyosk" nahe des Freiburger Hauptbahnhofs herrscht reger Betrieb. Die Einrichtung ist eine Mischung aus Kiosk und Veranstaltungsort, eine lange Schlange hat sich gebildet. Auf der Straße stehen viele und warten. Andere nehmen den Nebeneingang, kommen sofort an die Reihe, ihr Vordrängeln wird mit einem sehr freundlichen Dankeschön quittiert: Im Vergleich zu den Menschen in der Schlange sind sie privilegiert und können ihre Besorgungen unkompliziert mit Bargeld bezahlen – aus Solidarität mit den Wartenden tauschen sie hier Bargeld gegen Einkaufsgutscheine von dm, Aldi und Co. ein.
Für Geflüchtete im Kreis Freiburg ist die Einführung der Bezahlkarte beschlossene Sache: Damit dürfen sie lediglich 50 Euro Bargeld pro Monat abheben. Weitere Leistungen, die den Betroffenen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zustehen, kommen zwar auf ihrem Konto an – doch über dieses Geld zu verfügen, sorgt in der Praxis für Probleme und erschwert den Alltag.
"Ich würde supergerne Fußballschuhe im Internet kaufen", äußert ein Bewohner der Landeserstaufnahmestelle (LEA) auf einer Kundgebung am Freiburger Rathausplatz am 25. September – ein Wunsch, den viele junge Menschen teilen dürften. Wenn die Internetadresse eines Angebots allerdings nicht auf einer behördlichen Whitelist steht, ist die Zahlung nicht möglich. Probleme macht die Karte auch in alltäglichen Situationen. Der junge Mann berichtet von einem Einkauf bei Kaufland, wo das Bezahlen nicht funktionierte. Sowieso klappt das Zahlen nur in größeren Geschäften. Im Afro-Latino-Shop, der bei Menschen aus der afrikanischen Community beliebt ist, hingegen nicht. Auch Einkaufsmöglichkeiten wie Flohmärkte oder das Bestellen von gebrauchten Waren im Internet – gerade für Menschen mit weniger Geld wichtige Bezugsquellen – bleiben versperrt. Der Slogan auf einem Protestbanner nahe der Freiburger Herz-Jesu-Kirche bringt es auf den Punkt: "Nett hier – aber scheiße ohne Bargeld".
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